Handel mit Adressdaten: Kein schöner Datenschutz
Eigentlich wollte die Bundesregierung den Handel mit Adressdaten stark einschränken, doch die Wirtschaft protestiert. Die Koalition will reagieren – und ist zerstritten.
BERLIN taz Die Koalition plant, geplante Änderungen im Datenschutzrecht zu entschärfen, nachdem sich VertreterInnen aus der Wirtschaft massiv darüber beschwert hatten. Es werde derzeit überlegt, welche Ausnahmeregelungen dem Gesetzentwurf hinzugefügt werden sollen, sagte der SPD-Datenschutzexperte Michael Bürsch der taz.
Im Anschluss an zahlreiche Daten-Skandale im vergangenen Jahr hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Dezember einen Gesetzesentwurf präsentiert, der den Handel mit KundInnendaten einschränken sollte. Demnach dürften Firmen personenbezogene Daten nur noch weiter geben, wenn die VerbraucherInnen der Weitergabe ausdrücklich zustimmen. Bislang müssen die Betroffenen dem widersprechen, was nur wenige tun.
Im Gesetzentwurf sind bereits mehrere Ausnahmen für das Datenweitergabeverbot vorgesehen. So hätten Daten zum Beispiel an gemeinnützige Organisationen weiter gegeben werden dürfen. Neu in der Diskussion ist nun eine Weitergabe an Presseorgane. "Wir müssen vernünftige Kompromisse finden", sagte Bürsch. Maßgebend sei die Frage, wie Einschränkungen der Medien verhindert werden können.
MedienvertreterInnen hatten sich am Montag bei einer Expertenanhörung im Bundestag beschwert. Als "massiven Schlag gegen die Pressevielfalt" bezeichnete Christoph Fiedler vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger die Pläne der Regierung. Der Verlust dieser LeserInnenwerbemöglichkeit könne Existenz bedrohende Auswirkungen für viele Presseprodukte haben. Ähnliche Beschwerden kamen von Seiten des Versandhandels und der Markt- und Sozialforschung.
Die bisherige Regelung habe dazu beigetragen, dass persönliche Daten weitläufig und für den Einzelnen nicht mehr nachvollziehbar und überprüfbar verstreut werden, sagte der SPD-Abgeordnete Manfred Zöllmer vergangenen Donnerstag im Bundestag. Allerdings: ein funktionierendes Wirtschaftssystem brauche auch Werbung, so Zöllmer. Die Koalition sucht nun einen Mittelweg zwischen VerbraucherInnenrechten und wirtschaftlichen Interessen, der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf deutlich zu Gunsten der Wirtschaft entschärft werden könnte.
Grundsätzlich soll der Wechsel hin zur notwendigen Einwilligung laut SPD aber nicht in Frage gestellt werden, nur über Ausnahmen werde man diskutieren. "Wir wollen den Wechsel zu Einwilligung statt Widerruf", sagte Bürsch der taz. "Und wir fühlen uns bei Schäuble gut aufgehoben." Dennoch gibt es in Reihen der CDU/CSU-Fraktion andere Stimmen. Der Gesetzesentwurf müsse "grundsätzlich überdacht werden", sagte die CDU-Abgeordnete Beatrix Philipp. Die Konsequenzen für die Wirtschaft müssten genau geprüft werden.
Die Koalitionsfraktionen seien offenbar nicht bereit, den Paradigmenwechsel mitzutragen, entgegnete der Datenschutzbeauftragte der Linksfraktion, Jan Korte. "Damit würde das einzige konsequente Ergebnis des sogenannten Datenschutzgipfels von Bundesinnenminister Schäuble auch noch beerdigt", bemängelt er. Auch von SPD-Mann Bürsch kam Kritik am Koalitionspartner: "Die CDU soll sich mal zurechtrütteln", sagte der der Experte.
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