Handel Rettung der Supermarktkette gescheitert. Aber Gewerkschaften und Politik machen weiter Druck: Kaiser’s vor dem Aus
von Richard Rother
Die Hoffnung stirbt zuletzt. An diesen alten Spruch dürften sich jetzt 16.000 Beschäftigte der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann klammern. Schon häufiger war ihr Unternehmen für tot erklärt worden, weil Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub den Verlustbringer loswerden will, aber kartellrechtliche Vorbehalte gegen andere Lösungen als die Zerschlagung vorgebracht werden. Am Donnerstagabend erklärte Tengelmann-Konkurrent Rewe die Gespräche über eine gütliche Einigung zwischen den Firmen für beendet – aber schon am Freitag machten Gewerkschaften und das Bundeswirtschaftsministerium klar, dass dies nicht das letzte Wort gewesen sein dürfe. Damit steht fest: Die Hängepartie geht vorerst weiter, aber die Chancen auf eine Rettung schwinden.
„Wir können nicht nachvollziehen, dass die Gespräche vorzeitig beendet wurden beziehungsweise für gescheitert erklärt worden sind“, sagte Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Verdi werde auch jetzt noch alles daransetzen, eine Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern. „Wir erwarten, dass alle Beteiligten dazu ihren Beitrag leisten, auf der Basis der Ministererlaubnis und damit der Tarifverträge zu einer Lösung zu finden.“
Damit klammert sich Verdi gemeinsam mit Tengelmann an die Hoffnung, dass Rewe letztlich – gegen mögliche Kompensationen – dem Plan zustimmt, die Supermarktkette an den Marktführer Edeka zu verkaufen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte dieses Vorhaben per Ministererlaubnis unterstützt und damit das Kartellamt überstimmt. Dagegen klagte Rewe und bekam recht.
Am Donnerstag nun hat Rewe bei den Spitzengesprächen erneut eine eigene Komplettübernahme der Supermarktkette forciert – und damit Tengelmann und Edeka gegen sich aufgebracht. Der Versuch, „außerhalb der Ministererlaubnis“ eine Übernahme durch Rewe zu konstruieren, sei „rechtlich ebenso wenig gangbar wie der Vorschlag einer Aufteilung“, erklärte Tengelmann. Eine Aufteilung hätte erneut vom Bundeskartellamt geprüft werden müssen. Zeit dafür habe Kaiser’s Tengelmann aber nicht mehr.
Tengelmann-Chef Haub kündigte bereits an, für die Filialen in der Region Nordrhein und die drei Birkenhof-Fleischwerke ab nächster Woche „Interessensbekundungen am Markt einzuholen“. In München und Berlin, wo die Kette ebenfalls viele Filialen hat, solle die „Verwertungsphase“ später beginnen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) brachte am Freitag einen Schlichter ins Gespräch. Auf den Vorschlag von Rewe-Chef Alain Caparros, selbst diese Aufgabe zu übernehmen, reagierte er zurückhaltend: „Wer das machen soll, dazu will ich mich nicht äußern. Das müssen dann alle Beteiligten regeln.“
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