piwik no script img

HandballEin Österreicher will hoch hinaus

Für Konrad Wilczynski ist die Handball-EM, die in einer Woche beginnt, ein ganz besonderes Ereignis: Es ist das erste internationale Turnier für den Linksaußen der Füchse - und ein Heimspiel für den Österreicher.

Trainingslager, Testspiele, Feinabstimmung: Die Vorbereitungen auf die neunte Handball-Europameisterschaft in Österreich gehen in die Schlussphase. In gut einer Woche ist es so weit - mit Berliner Beteiligung. Neun Spieler vom Bundesligisten Füchse Berlin werden ab dem 19. Januar mit um den Titel streiten. Einer von ihnen ist Konrad Wilczynski. Für den österreichischen Nationalspieler ist es ein ganz besonderes Turnier. Nicht nur weil es in seiner Heimat stattfindet, für den gebürtigen Wiener ist es auch das erste große Turnier überhaupt. Seit dreieinhalb Jahren lebt und arbeitet der 27-Jährige in Berlin - und fühlt sich sehr wohl hier. Aber mit Leib und Seele ist er immer noch Österreicher. "Es ist für mich eine große Ehre, in der Nationalmannschaft zu spielen", sagt er.

Österreich, bekannt für großartige Skifahrer, gehört im Handball allerdings eher zu den kleineren Kalibern. Bisher konnten sich die Alpenländer noch nie für eine EM qualifizieren. "In der Qualifikation muss man als kleinere Handballnation immer gegen die Topnationen ran, da ist es schwer, sich zu qualifizieren", erklärt Wilczynski. Dieses Mal dürfen die Adler, wie Nationalmannschaften in Österreich genannt werden, als Gastgeber mitmachen. Deshalb ist bei dem Linksaußen die Vorfreude groß: "Das wird ein Großereignis, das Highlight meiner bisherigen Nationalmannschaftskarriere."

Auch in der Heimat ist das Interesse am Handball vor dem Turnier gestiegen. Wilczynski steht als Profi aus der wohl stärksten Handballliga im Fokus. Neben Robert Weber vom SC Magdeburg und Spielmacher Viktor Szilagyi vom VfL Gummersbach ist er eine der Säulen des recht unerfahrenen Teams. "Er ist nicht nur auf dem Feld ein Führungsspieler und einer der erfolgreichsten Handballer Österreichs überhaupt", lobt ihn sein Teamkollege Szilagyi. Der Druck, der auf Wilczynski lastet, stört ihn aber nicht. "Ich habe selbst hohe Ansprüche an mich", sagt er. Als Star fühle er sich ohnehin nicht, fügt er hinzu.

Eigentlich kann er die Sache ganz locker angehen, denn Österreich ist in seiner Gruppe mit Dänemark, Island und Serbien klarer Außenseiter. Doch Wilczynski hofft auf eine Überraschung. Ausgegebenes Ziel ist das Erreichen der Hauptrunde. "Es wäre schade, wenn der Gastgeber schon in der Vorrunde ausscheiden würde", sagt er. Dass sie gewinnen können, haben sie mit Siegen in Testspielen, auch gegen Deutschland, schon bewiesen. "Wir waren noch nie so stark wie jetzt", glaubt Wilczynski. Entscheidend wird der Heimvorteil sein. Alle Vorrundenspiele der Adler finden in Linz statt. "Das muss ein richtiger Hexenkessel werden", hofft der Wahl-Berliner. Er weiß aber auch, dass die Mannschaft dafür etwas tun muss. "Erfolge sind natürlich der beste Stimmungsmacher."

Im Eröffnungsspiel geht es gegen Titelverteidiger Dänemark. "Das ist gleich das wichtigste Spiel. Es wird entscheidend sein, wie wir in das Turnier starten werden", glaubt Wilczynski. Ein Berliner Teamkollege wird dann sein Gegner sein: Füchse-Kapitän Torsten Laen. Damit hat Wilczynski aber kein Problem. "Man spielt ja auch im Training gegeneinander." Ohnehin werden ihm in Österreich viele bekannte Gesichter begegnen. So ist sein Nationaltrainer, der Isländer Dagur Sigurdsson, auch sein Coach im Verein. Das ist im Handball aber nichts Ungewöhnliches. Wilczynski sieht es eh gelassen: "Es hat weder Vor- noch Nachteile. Er behandelt alle Spieler gleich." Seinen Vereinstorhüter Silvio Heinevetter könnte er allerdings erst im Halbfinale treffen. Ein Duell gegen sein Arbeitgeberland hätte für ihn zwar seinen Reiz, aber "das ist noch zu weit weg. Es bringt nichts zu träumen", sagt er.

Ein Halbfinale für Österreich klingt ein wenig utopisch. Doch obwohl ein Vergleich noch in scheinbar unerreichbarer Ferne liegt, ist Deutschland für Wilczynski trotzdem ein wenig Vorbild. Vor drei Jahren bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land hat der Titelgewinn der Deutschen hierzulande einen wahren Handball-Boom beschert. Das würde sich Wilczynski auch für sein Heimatland wünschen. Aber ob die EM für Österreich eine Eintagsfliege bleibt oder Nachhaltigkeit bringt, kann erst die Zukunft zeigen. "Da ist eindeutig der Verband gefragt", sagt Wilczynski.

Er jedenfalls möchte auch zukünftig für die Adler spielen: "Ich gehe davon aus: Solange ich Handballprofi bin, werde ich auch für die Nationalmannschaft spielen." Vielleicht kommen ja noch weitere große Turniere.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!