Handball-WM und Corona: Ein Hauch von Sicherheit

Mit viel Aufwand wird bei der Handball-WM der Männer in Kairo eine Covid-Schutzblase aufgebaut. Nach vielen Infektionen scheint sie nun zu wirken.

Eine Reinigungskraft in kompletter Schutzmontur putzt Stühle. Davor geht ein Handballer

Für das gewisse Gefühl von Sicherheit: Handball mit Desinfektionsteam im Hintergrund Foto: Urs Flueeler/dpa

Wie groß die Diskrepanz zwischen dem lebhaften Treiben auf den Straßen Kairos und der Weltmeisterschaft in dieser Stadt ist, wird während der Fahrt von der Hassan-Moustafa-Halle zurück in eines von vier „Bubble“-Hotels klar. Die Menschen haben sich für den Start in den Feierabend hübsch gemacht, das Geschäft in den Cafés brummt. Das Treiben in den Straßen am Nil hat wenig mit der aktuellen Lebenswirklichkeit in Berlin, Paris oder London zu tun.

Es gibt Personen, die eine Maske tragen, aber sie sind in der Unterzahl, obwohl es in Ägypten eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gibt. Die Polizei will die Anordnung durchsetzen, ist gegen die Mehrheit der knapp zehn Millionen Einwohner der Kapitale am Nil aber offenbar chancenlos. Das ist innerhalb der WM-Blase anders. Vor dem Start der Handball-WM in Ägypten gab es Vorbehalte, dieses Turnier durchzuführen, während in der Welt eine Pandemie wütet.

32 Mannschaften aus vier Kontinenten sind inzwischen in Ägypten, hinzu kommen mehrere hundert Offizielle, Medienvertreter und WM-Helfer, um die herum ein imaginärer Schutzzaun gezogen wurde. Vor dem Eintritt ins Innere gab es jedoch Coronafälle, bei den USA und Tschechien dermaßen viele, dass sie kurz vor dem WM-Auftakt ausgetauscht wurden. Covid-19-Infektionen gab es auch nach dem Start, Kap Verde musste sich wegen zu vieler positiver Fälle vom Turnier zurückziehen. Stand Dienstag ist die WM-Blase nun ohne weiteren Fall. Das Gefühl der Sicherheit steigt.

„In der Straßenbahn in Mannheim sieht man mehr Menschen, die die Maske nicht korrekt tragen“, berichtet Uwe Gensheimer von seinen Beobachtungen. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, der in Mannheim geboren wurde, fühlt sich inzwischen wie seine Teamkollegen in der Blase sicher und ist beeindruckt von der Organisation vor Ort.

Niemand kommt rein, niemand kommt raus

Bei der Anreise hatte die deutsche Delegation einzelne Dinge in ihrem Hotel in Sichtweite der Pyramiden von Gizeh kritisiert, innerhalb kurzer Zeit sei den Wünschen entsprochen worden. Zu Beginn des Turniers waren nicht alle Abläufe perfektioniert, doch die Organisatoren lernen in beachtlicher Geschwindigkeit hinzu.

Einige Eckpunkte gelten seit dem ersten Tag. Die vier riesigen Hotels, in der alle 32 Mannschaften, die Medienvertreter, IHF-Offizielle und Helfer untergebracht sind, dürfen nur für Fahrten zu den Hallen verlassen werden. Ein Großaufgebot an Sicherheitspersonal, Polizei und Militär sichert die Unterkünfte sowie die Spielorte ab. Niemand kommt ungesehen rein, niemand darf ohne Erlaubnis heraus.

Die Hotelanlagen sind groß, in ihnen sind viele Menschen auf engem Raum zusammen, was nach den Erfahrungen in Deutschland in den zurückliegenden Monaten befremdlich wirkt. Aber es werden alle Sicherheitsmaßnahmen ein- und Abstand gehalten. Um die „Bubble“ herum ist eine Hochsicherheitszone aufgebaut worden.

Der Aufwand, der bei dieser Weltmeisterschaft betrieben wird, um das Coronavirus außerhalb der Blase zu halten, ist enorm. Das Konzept, das in den Monaten vor dem WM-Auftakt unter Mitwirken der großen europäischen Handballnatio­nen immer weiter verfeinert wurde, greift in vielen Punkten. Das Großaufgebot an Sicherheitspersonal wäre bei einer ähnlichen Veranstaltung in Deutschland nicht denkbar. Die personellen Ressourcen, die der Veranstalter und die Behörden in Ägypten zur Verfügung stellen, sind hoch – der Wille spürbar, den Rest der Welt zu überzeugen.

„Wir wussten, was auf uns zukommt“

WM-Helferin Yara Abdallah ist auch motiviert. Sie hat vor ein paar Tagen Besuch bekommen, zumindest eine Art von Besuch. Die 29-Jährige stand auf dem Balkon im sechsten Stock ihres Hotels im Zentrum von Kairo und schaute auf die Straße hinunter, wo ihr zwei Frauen aus einem schwarzen Auto zuwinkten. „Das sind meine Mutter und meine Tante“, erzählt die junge Frau. Wenige Sekunden später war das kurze Familienglück vorbei, die Sicherheitskräfte vor dem schweren Tor in der Einfahrt des Hotels forderten zur Weiterfahrt auf.

Yara Abdallah muss noch zwei Wochen warten, bis sie ihre Familie aus der Nähe sehen kann, denn sie ist eine von vielen hundert Helfern bei der Weltmeisterschaft. Wie alle Beteiligten ist sie für den Zeitraum der Partien am Nil von der Außenwelt abgeschirmt. „Wir wussten, was auf uns alle zukommt“, sagt Abdallah. Am 9. Januar bezog sie ihr Zimmer im sechsten Stock, wurde erstmals und fortan mindestens alle 72 Stunden auf den Covid-19-Erreger getestet und begab sich in die „WM-Bubble“. Ein paar Tage danach folgte ihr die Handballwelt.

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