Hamm-Brücher attackiert Westerwelle: Große Dame rechnet mit FDP ab
Die FDP boomt in der Krise. Doch die ehemalige FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher feiert nicht: Westerwelle sei ein „reiner Machtpolitiker“, der einen abgewirtschafteten Kapitalismus schütze.
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Kommendes Wochenende soll der FDP-Bundesparteitag in Hannover Westerwelle im Amt bestätigen. Die Partei kommt in Meinungsfragen derzeit auf bis zu 15 Prozent. Hamm-Brücher kritisierte eine Verengung der Partei auf die Person des Vorsitzenden, nach ihrer Ansicht ein reiner Machtpolitiker. „Früher gab es ein Team, zum Beispiel Herrn Genscher, Herrn Mischnick, Herrn Scheel, die Frau Hamm-Brücher. Jetzt gibt es nur noch Herrn Westerwelle“, sagte sie. „Herr Brüderle ist mittlerweile auch ein bisschen abgewirtschaftet.“ Rainer Brüderle ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei. Zudem warf sie ihrer früheren Partei mangelnde Eigenständigkeit vor: „Nur gewählt zu werden, um einer anderen Partei die Mehrheit zu verschaffen, ist ja auch nicht gerade das Ideal.“ Auf die Frage, ob sie davon abrate, die FDP zu wählen, sagte sie: „Ich warne davor, weil es sich um kommunizierende Röhren handelt. Wenn es bei der CDU runtergeht, geht es bei uns wieder rauf – und umgekehrt.“
Die 87 Jahre alte Hamm-Brücher ist eine der großen Persönlichkeiten der deutschen Politik. Sie war während der sozialliberalen Koaltion unter Helmut Schmidt Staatsministerin im Auswärtigen Amt. 1994 kandidierte sie als Bundespräsidentin. 2002 trat sie aus der FDP aus.“Ich finde, in allen Parteien müsste mehr Liberalität sein, mehr Offenheit für Veränderung und Pluralität“, sagte sie im sonntaz-Gespräch.
Hamm-Brücher lobte die Kanzlerin. Angela Merkel sei enorm gewachsen. „Wenn sie neben Obama sitzt und richtig mit ihm flirtet, dann setzt sie ihre Fraulichkeit ein. Das ist natürlich diplomatisch, aber sie macht das mit einer Natürlichkeit, sie küsst den Sarkozy.“ Das Kanzleramt sei das einzige Amt, das sie sich nie zugetraut hätte. „Ich habe ja als Staatsministerin gesehen, was Helmut Schmidt seinerzeit von sechs Uhr früh bis zwei Uhr nachts leisten musste.“
Die Politikerin begann ihr Berufsleben im Journalismus. In dem Gespräch schildert sie, wie sie bei Erich Kästner das Schreiben lernte. „Er erfand immer neue Namen für mich. Wenn etwas gut war, sagte er: ‚Hilde-Gardinchen, das haben Sie gut gemacht‘, oder er sagte: ‚Hilde Vorgärtchen, da müssen Sie noch ein bisschen jäten.‘“
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