Hamburger SV gegen Borussia Dortmund: Vom Segen des frühen Scheiterns
Die Tortur einer langen Saison hinterlässt deutliche Spuren. Dem HSV mangelt es an Frische und Stärke, um eine gefestigte Dortmunder Mannschaft zu gefährden.
Vom Segen des frühen Scheiterns
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Felipe Santana, Dede - Kehl - Blaszczykowski (66. Tinga), Sahin - Hajnal (68. Boateng) - Frei, Valdez (78. Zidan)
Hamburger SV: Rost - Boateng (81. Demel), Gravgaard, Mathijsen, Aogo - Tavares, Benjamin (46. Olic) - Pitroipa (68. Streit), Jarolim, Trochowski - Guerrero
Zuschauer: 80.552 (ausverkauft);
Tore: 1:0 Kehl (32.), 2:0 Frei (90./Foulelfmeter)
DORTMUND taz Irgendeiner aus der Menge, die stinksauer die Treppe hochstapfte, schimpfte über den "schlechtesten Schiedsrichter, den ich je erlebt habe". Ein anderer Spieler des HSV trat voller Wucht gegen den Türrahmen an der Kabine. Wut und Enttäuschung hatten nach der 0:2-Niederlage bei Borussia Dortmund einen Kanal gefunden, und der führte ohne einen Abzweig auf Schiedsrichter Michael Kempter zu. Der hatte aber nichts falsch gemacht. Selbst wenn die Hamburger im Widerspruch zu den Fernsehbildern immer noch der Ansicht wären, dass eine Grätsche von Michael Gravgaard gegen Kevin-Prince Boateng kein Foulspiel war, ein ausgebliebener Elfmeterpfiff hätte an der Niederlage mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nichts geändert. Als Alexander Frei den Strafstoß verwandelt hatte, war die Stadionuhr nur noch 11 Sekunden von 90 Minuten entfernt. Für Hamburg war es das 48. Pflichtspiel der Saison. Das hinterlässt Spuren. Die Betroffenen erkannten sie erst beim zweiten Hinsehen.
"Wir waren nicht platt, sagte Trainer Martin Jol, "aber der letzte konkrete Schritt hat gefehlt." Es mangelte dem HSV an körperlicher und geistiger Frische, aber am Samstag auch ein wenig an Klasse, um gegen eine gefestigte und solide Mannschaft des BVB, die zum fünften Mal in Folge gewann, zu bestehen. Nach dem Pokalaus gegen Bremen entfernen sich die Hamburger dadurch auch von der Tabellenspitze. Es ist der Fluch des späten Scheiterns, wenn einem Verein Versagensängste aufgeschwatzt werden sollen, wie es nach dem vergangenen Mittwoch geschah.
Sportchef Dietmar Beiersdorfer wehrte sich dagegen, auch wenn er weiß, dass es nichts helfen wird: "Wir haben bislang eine grandiose Saison gespielt und werden jetzt die Flinte nicht ins Korn werfen." Leichte Beklemmungen hatte Piotr Trochowski nach dem Abrutschen auf den fünften Tabellenplatz schon bekommen. "Selbst die Dortmunder rücken immer näher", warnte der Nationalspieler vor der schwarz-gelben Gefahr, die im Verbund mit der königsblauen aus Gelsenkirchen-Schalke naht.
Kapitän David Jarolim rann der Schweiß noch von der Stirn, als er tapfer die nächste Aufgabe anging. Der Tscheche sprach vom kommenden Donnerstag, an dem die Hamburger zum Halbfinal-Hinspiel des Uefa-Cups bei Werder Bremen antreten werden. "Bis dahin haben wir fünf Tage Zeit zur Regeneration. Das ist in unserer Situation Luxus", sagte Jarolim. Verzichten müssen sie aber weiterhin auf den verletzten Mladen Petric. Ein gutes Stück Torgefahr hatte Jol seiner Mannschaft schon genommen, indem er Ivica Olic zur Schonung auf der Bank ließ. Erst nach der Pause kam der nimmermüde Kroate, um dem 0:1-Rückstand durch einen Treffer von Sebastian Kehl (32.) hinterherzurennen. Der Wille war den Hamburgern stets anzumerken, aber die starke Dortmunder Defensive war immer den berühmten Schritt schneller. Das ist der Segen des frühen Scheiterns.
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