Hamburger Filmfestival für Newcomer: Zeigt her eure Talente
Auf dem Festival „Abgedreht!“ zeigen junge Filmtalente im Hamburger Kino Metropolis ihre Debüts.
Die verschiedenen Hochschulen und Filmstudiengänge der Stadt reichen die besten Semesterarbeiten ein und viele junge Talente hoffen, dass ihre Arbeiten gezeigt werden. Ein Team von Filmschaffenden und Medienpädagogen hat von den 150 Kurzfilmen, die in diesem Jahr eingereicht wurden, 43 ausgewählt, die heute und morgen ab 10:30 Uhr in sechs Programmblöcken im Metropolis gezeigt werden. Der kürzeste Film ist 60 Sekunden lang, der längste 21 Minuten. Eine Jury vergibt vier Preise und das Publikum einen weiteren.
„Der Po-pulist“ von Sandra Schröder ist eine Semesterarbeit von der Hamburg Media School. Die Aufgabe bestand darin, einen etwa fünf Minuten langen Film in Schwarzweiß und ohne Dialog zu inszenieren. Das Ergebnis ist, wie der Titel bereits andeutet, eine drastische Satire: Sandra Schröder selber nennt es „eine Mischung aus Fäkalhumor und Gesellschaftskritik“.
Der Film spielt in einer faschistischen Zukunft, in der die Menschen in Uniformen herumlaufen, ständig voreinander strammstehen und überall Bilder vom allmächtigen Herrscher hängen. Die Assoziationen werden überdeutlich, wenn eine Sekretärin eine Fliege totschlägt, deren Leiche einen Fleck wie ein Hitlerbärtchen auf einem der Herrscher-Plakate hinterlässt. Die Sekretärin wandert dafür ins Kittchen, aber auch ihr autoritärer Überwacher gerät in Schwierigkeiten, als er auf der Toilette kein Klopapier mehr findet und sich in seiner Not mit einem Bild des Führers abwischt.
Zwischen- oder besser Grautöne gibt es in diesem Film nicht: Sandra Schröder springt dem Publikum mit ihrer Botschaft direkt ins Gesicht. Dabei ist der Film nicht ohne Charme, gerade weil die Figuren so extrem simplifizierte Karikaturen sind. Dass sie dennoch eine beeindruckende Präsenz haben, zeigt, dass Sandra Schröder eine talentierte Regisseurin ist, der es gelungen ist, bekannte Darsteller wie Max Herbrechter und Katja Studt davon zu überzeugen, die Hauptrollen zu spielen. Schröder wollte nach eigener Aussage „eine Diktatur dekonstruieren“. Das mag ein wenig hoch gegriffen sein, aber als Talentprobe ist „Der Po-pulist“ (englisch „The Poo-pulist“) gelungen.
Einer der jüngsten Filmemacher des Festivals ist der 16-jährige Jan Fuduric. Und er hat seinen elf Minuten langen Film „Escape“ extra fürs „Abgedreht“-Festival produziert. Seit er zwölf Jahre alt ist, macht er Filme. Im vergangenen Jahr hatte er zusammen mit seiner Schulklasse einen Film eingereicht, der aber dann nicht ausgewählt wurde. Danach packte ihn der Ehrgeiz und nun hat er einen für sein Alter erstaunlich komplexen und stimmig inszenierten Film gemacht. Seine beiden Grundideen dabei waren, einen Film über Flüchtlinge zu machen und, wie er sagt: „aus einem Buch eine Welt aufsteigen zu lassen.“
Ein kleiner Junge, den Fuduric aus der Nachbarschaft kennt, liest nachts in einem dicken Buch. Aus dessen Seiten steigen gezeichnete Geschichten aus bedrucktem Papier auf. Sie erzählen von einer Mutter mit ihrem Baby, die einen Bombenangriff in Syrien erleben und von einem 12-jährigen Jungen, der versucht, über das Meer nach Europa zu fliehen.
Diese Sequenzen hat Jan Fuduric animiert, indem er die auf bedrucktem Papier gezeichneten Figuren von unten her zwischen den Buchseiten hin und her bewegt, sie mit einem Fön anbläst oder in Wasser langsam niedersinken lässt. Fuduric ist Autodidakt, der das Filmemachen durch Youtube-Tutorials gelernt hat. Sein Budget betrug sechs Euro: vier für das Buch vom Flohmarkt und zwei für Buntstifte. Wenn solche Filme nicht per Zufall Youtube-Hits werden, bleiben sie meist unentdeckt. Beim „Abgedreht!“-Festival gibt es eine Bühne für Talente wie Jan Fuduric.
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