Hamburger Antrag zum Containern gescheitert: Keine Einigung auf Straflosigkeit

Anna Gallina, Hamburgs Justizsenatorin, wollte Containern teilweise entkriminalisieren. Nun ist sie bei den anderen Ländern abgeblitzt.

Eine Frau mit orangenen Plastiktaschen vor zwei Containern am Abend

Bislang ist Containern als Diebstahl strafbar Foto: dpa/Marijan Murat

FREIBURG taz | Die Bundesländer konnten sich nicht darauf einigen, Strafverfahren bei leichten Fällen des Containerns regelmäßig einzustellen. Im zuständigen Länderausschuss kam keine Einstimmigkeit zustande. Damit ist auch ein Vorstoß von Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) gescheitert, die eine derartige Länder-Lösung empfohlen hatten.

Als Containern bezeichnet man die Entnahme von Lebensmitteln aus den Abfallcontainern der Supermärkte. Manche Aktivisten sprechen auch von „Lebensmittelrettung“. Bisher ist Containern als Diebstahl strafbar.

Hamburgs grüne Justizsenatorin Anna Gallina hatte schon vor zwei Jahren vorgeschlagen, dass Staatsanwaltschaften derartige Strafverfahren jeweils wegen Geringfügigkeit einstellen sollen – wenn bei der Wegnahme einerseits keine Sachbeschädigung und kein größerer Hausfriedensbruch stattfand und andererseits der Verzehr der Lebensmittel „keine Gesundheitsgefahren“ auslöste.

Dies sollte bundeseinheitlich in den „Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren“ (RiStBV) verankert werden, so der Hamburger Antrag. Die RiStBV ist eine gemeinsame Verwaltungsvorschrift der Länder, die für die Staatsanwaltschaften verbindlich ist.

Abstimmungsergebnis nicht öffentlich

Die Minister Buschmann und Özdemir haben den Hamburger Vorstoß im Januar ausdrücklich unterstützt: „Der Antrag bietet aus unserer Sicht eine erwägenswerte Lösung auf Ebene des Verfahrensrechts“. Die Unterstützung hatte für sie den Vorteil, dass sie nicht selbst aktiv werden mussten.

Die RiStBV-Richtlinien werden von einem Ländergremium beschlossen, dem sogenannten RiStBV-Ausschuss. Dieser diskutierte den Hamburger Antrag Mitte Februar und setzte den Ländern dann eine Frist für schriftliche Stellungnahmen bis Mitte März. Das federführende Land Hessen gab nun bekannt, dass die erforderliche Einstimmigkeit für die Änderung der RiStBV nicht zustandekam. Wieviele Länder gegen den Hamburger Antrag stimmten, könne nicht mitgeteilt werden, der Ausschuss mache seine Abstimmungs-Ergebnisse nie öffentlich.

Hessen Justizminister Roman Poseck (CDU) sagte: „Der Ball liegt nun wieder beim Bund. Dieser sollte seiner Verantwortung gerecht werden und als zuständiger Gesetzgeber eine einheitliche Handhabung des Strafrechts sicherstellen.“ Tatsächlich kann nur der Bundestag das Strafgesetzbuch ändern. Poseck würde eine teilweise Entkriminalisierung begrüßen: „Die Frage, ob Fälle des einfachen ‚Containerns‘ strafwürdig sind, ist berechtigt.“

Der zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ließ ausrichten, er habe das Scheitern des Hamburger Antrags „zur Kenntnis genommen“. Eine Initiative für eine Beschränkung des Diebstahls-Paragrafen im Strafgesetzbuch ist derzeit nicht geplant. Das Ministerium verweist nur vage auf die geplante Modernisierung des Strafrechts, bei der etwa die Strafbarkeit des Schwarzfahrens geprüft werden soll.

Das Scheitern des Hamburger Vorschlags ist vermutlich kein großer Rückschlag für die Bewegung der Lebensmittelretter. Fälle ohne Überwindung von Mauern und Zäunen und ohne Aufbrechen von Schlössern sind wohl eher die Ausnahme. Außerdem werden solche Fälle des einfachen Containerns heute schon in den meisten Bundesländern eingestellt.

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