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Hamburger AfDler zieht vor GerichtAn den Grenzen des Rederechts

Ein Hamburger AfD-Abgeordneter klagt vor dem Landesverfassungsgericht wegen zweier Ordnungsrufe. Die hatte er nach rassistischen Äußerungen erhalten.

Gestikuliert gern während der Sitzungen der Hamburgischen Bürgerschaft: AfD-Politiker Walczak Foto: Marcus Brandt/dpa

Hamburg taz | Das Hamburgische Verfassungsgericht muss über die Rechtmäßigkeit von zwei Ordnungsrufen gegen den AfD-Abgeordneten Krzysztof Walczak entscheiden.

Walczak hatte sich im Mai 2023 in einer Rede zum Thema „Hamburgs Partnerschaft mit einer Stadt in Israel verwirklichen“ rassistisch geäußert und Sitzungspräsident und CDU-Landesvorsitzender André Trepoll erteilte ihm zwei Ordnungsrufe. Am Freitag, 10. Januar, fand die mündliche Verhandlung statt.

Schon zu Beginn seiner Rede hatte Walczak den CDU-Landeschef als „Ober-Pinocchio“ bezeichnet und dessen Partei gar als „christdemokratische Schwindlertruppe“. Aufforderungen Trepolls, sich bitte an den parlamentarischen Sprachgebrauch zu halten, kam er nicht nach.

Wenig später griff Trepoll durch: Walczak hatte zuvor gesagt, die CDU sei „mit ihrer Migrationspolitik für den Einlass Hunderttausender Antisemiten nach Deutschland verantwortlich“, worin Trepoll eine allgemeine Diffamierung von Geflüchteten erkannte. Kurz darauf wiederholte der AfD-Mann die Aussage und erhielt prompt den zweiten Ordnungsruf.

Wenn zwei Organe sich streiten

Hinter dem Wort Staatsorgan stecken zwar natürliche Personen. Diese treten beim Organstreit aber nur in ihrer Rolle als staatliche Amts- beziehungsweise Mandats­trä­ge­r*in auf.

Inhaltlich geht es auch nur um die Rechte, die den Beteiligten als staatliche Organe durch die Verfassung verliehen wurden, nicht um die Rechte, die sie als Bür­ge­r*in­nen haben. So kann ein Abgeordneter, der eine Verletzung seines Rederechts geltend macht, sich nicht gleichzeitig auf eine Verletzung der Meinungsfreiheit berufen.

Grundrechte wie die Meinungsfreiheit schützen zwar Bür­ge­r*in­nen vor staatlichen Eingriffen. Sie gelten aber nicht zwischen zwei staatlichen Organen.

Ein Abgeordneter ist ein Organ

Über die Frage der Rechtmäßigkeit von solchen Ordnungsrufen kann sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene nur das Verfassungsgericht entscheiden. Bei dem Verfahren handelt es sich nämlich um einen Organstreit: Wenn ein Staatsorgan sich von einem anderen in seinen Rechten verletzt sieht, kann es beim Verfassungsgericht einen Antrag stellen, den Streit zu klären. Walczak stellte diesen Antrag, weil er sich als Abgeordneter in seinem parlamentarischen Rederecht verletzt sieht.

Auf der anderen Seite steht das Ordnungsrecht des Parlamentspräsidiums um Carola Veit (SPD) und André Trepoll. Dieses stellt ein wichtiges Instrument dar, um im Parlament einen respektvollen Umgang zu wahren und Fehlverhalten zu sanktionieren. Abgeordnete dürfen für ihre Äußerungen im Parlament nämlich in der Regel nicht straf- oder zivilrechtlich verfolgt werden. Dieser Grundsatz nennt sich Indemnität und ist in Artikel 14 der Hamburger Verfassung sowie im Grundgesetz verankert.

Die Vorsitzende Richterin und Präsidentin des Verfassungsgerichts, Birgit Voßkühler, erklärte am Freitag zu Beginn der Verhandlung: Ein Ordnungsruf schränke das Rederecht zwar ein, dieser könne aber gerechtfertigt sein. Laut der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft dann, wenn ein Mitglied „die Ordnung des Hauses verletzt“. Wie genau „die Ordnung des Hauses“ definiert ist, ist nicht ganz klar.

Klar ist, dass das Parlamentspräsidium großen Entscheidungsspielraum hat. Denn Ordnungsrufe werden meist nicht im luftleeren Raum erteilt. Der Kontext ist entscheidend. Das Verfassungsgericht entscheidet deshalb auch nur darüber, ob die Grenzen dieses Entscheidungsspielraums gewahrt wurden.

Trepoll erklärte dem Gericht, er habe den ersten Ordnungsruf erteilt, da die Aussage des AfD-Politikers eine niederträchtige Pauschalisierung von Geflüchteten darstelle. Grund für den zweiten Ordnungsruf sei gewesen, dass Walzcak die Migrationspolitik der CDU für antisemitische Übergriffe in Deutschland verantwortlich gemacht hatte.

Walczak wiederum wirft Trepoll vor, er wolle mit den Ordnungsrufen bloß die Kritik an der eigenen Partei unterbinden. Und pauschalisiert habe er nicht. Absichtlich habe er von „Hunderttausenden“ statt von pauschalisierenden „Millionen Antisemiten“ gesprochen. Die Ordnung des Parlaments sehe er nicht verletzt, da seine Worte dem entsprochen hätten, was man auch außerhalb des Parlaments sagen könne.

Das Parlamentspräsidium sieht das anders, man könne „im Parlament nicht alles sagen, was ich auf der Straße oder in der Presse sage“. Als sicher gilt: Seit die in Teilen rechtsextreme AfD in den Parlamenten sitzt, ist der Ton dort rauer geworden.

Umso ernster ist die Frage, „wann eine Provokation Redemittel zur Vermittlung politischen Inhalts und wann eine Herabsetzung“ ist. So fasste die Vorsitzende Richterin Birgit Voßkühler die Tragweite des Verfahrens am Freitag zusammen.

Eineinhalb Stunden lang hörten sie und ihre Richter-Kolleg*in­nen sich die Argumente beider Seiten an. Am 7. Februar wollen sie ihr Urteil verkünden.

Disclaimer: Der Artikel war zunächst in einer deutlich kürzeren Version veröffentlicht worden.

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3 Kommentare

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  • Es lohnt sich nicht, solchen rechten Spinnern auch noch Kommentare zu widmen.

    • @Perkele:

      Kommentierte Perkele :)

      • @Herr Lich:

        Stimmt. Das ist ein Paradoxon - aber ich konnte einfach nicht widerstehen.... sorry.