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Hamburg verweigert KostenerstattungKostbarer Kinderwunsch

Hamburg lässt ungewollt Kinderlose mit den Behandlungskosten allein, anders als etwa Niedersachsen. Die FDP will das ändern

Kinderwunschbehandlung: Nicht jeder kann sich das leisten Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Vor mehr als einem Jahr wurde der Antrag in den Familienausschuss überwiesen, heute wird er wohl endlich debattiert. Die FDP-Fraktion will, dass sich Hamburg, so wie andere Bundesländer auch, an den Kosten für künstliche Befruchtungen beteiligt. Dabei sollen weder der Familienstand noch die sexuelle Orientierung der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch eine Rolle spielen.

Bundesweit übernehmen die Krankenkassen derzeit die Hälfte der Kosten für sogenannte Kinderwunschbehandlungen, für höchstens drei Versuche. Zur Orientierung: Ein Versuch kostet in der Regel über 3.000 Euro. Seit 2012 ermöglicht eine Förderrichtlinie weitere Finanzhilfen. Ehepaare können die Übernahme von 25 Prozent ihres Eigenanteils beantragen, für insgesamt vier Behandlungen. Nicht verheiratete Paare bekommen seit 2016 für die ersten drei Behandlungen 12,5 Prozent und für die vierte Behandlung 25 Prozent Zuschuss. Voraussetzung: Bund und Länder teilen sich diese Kosten. Sechs Bundesländer beteiligen sich an dem Programm. Niedersachsen zum Beispiel stellt Gelder zur Kinderwunschbehandlung zur Verfügung, dank der scheidenden rot-grünen Landesregierung. Das ebenfalls rot-grün regierte Hamburg bisher nicht.

Die Förderrichtlinie für Kinderwunschbehandlungen sieht auch nach der Einführung Ehe für alle ausschließlich die finanzielle Unterstützung heterosexueller Paare vor. Laut einer Sprecherin des Bundesfamilienministeriums soll das auch erst mal so bleiben.

Die FDP fordert den Senat in ihrem Antrag auf, sich auf Bundesebene auch für die Finanzierung von Samenspenden einzusetzen. „Wir möchten alle möglichen Lebensentwürfe unterstützen, auch wenn dafür technische Hilfsmittel von Nöten sind“, sagt Daniel Oetzel, Sprecher für Familie, Kinder, Jugend und Sport der Hamburger FDP-Fraktion.

Finanzielle Hilfen

Die Krankenkassen übernehmen derzeit 50 Prozent der Kosten für Kinderwunschbehandlungen, maximal für drei Versuche.Eine Förderrichtlinie sieht weitere Finanzhilfen vor, wenn sich Bund und Länder gleichermaßen beteiligen.An dem Programm beteiligen sich bisher Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

„Wir haben die Möglichkeit, die Hamburger Familienpolitik mit Bundesmitteln zu fördern“, sagt Oetzel. Im Moment würden die Mittel einfach nicht genutzt. „Das ist ein Unding.“

Die FDP zielt mit ihrem Antrag zunächst auf eine Kosten­einschätzung seitens des Senats. Dass Hamburg Probleme mit der Finanzierung bekommen könnte, glaubt Oetzel nicht. „Im Vergleich zu anderen Posten des Haushalts sprechen wir von einem marginalen Betrag, den Hamburg selbst in die Hand nehmen müsste.“

Dass dem Antrag der FDP-Fraktion zugestimmt und damit der Weg für die finanzielle Entlastung ungewollt kinderloser Paare freigemacht wird, ist trotzdem unwahrscheinlich. In der Zielsetzung sei der Antrag zwar wichtig, sagt Uwe Lohmann, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, aber: „Wir möchten keine Insellösung. Wir setzen uns für eine bundesweit einheitliche Regelung ein.“ Eine jetzige Verhandlung im Ausschuss greife möglichen Ergebnissen der aktuellen Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene vor. Ginge es nach ihm, sollte die heute angesetzte Debatte vertagt werden.

Anna Gallina, grüne Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend, stimmt mit ein: „Es ist strukturell sinnvoller, wenn der Bund diese Angelegenheit einheitlich regelt“, sagt sie.

Es gehe auch um Gerechtigkeit, sagt Lohmann. „Es ist doch nicht gerecht, dass die Menschen in den verschiedenen Bundesländern nicht die gleiche Unterstützung bekommen.“

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4 Kommentare

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  • Jahrelang haben wir versucht ein Kind zu bekommen – vergeblich :-( Ich wollte aber Mutter sein, egal wie. Im Internet suchte ich also nach Alternativen und stieß auf die Sendung über das Paar, die durch die Leihmutterschaft in der Ukraine zu den Zwillingen verholfen wurde. Ich redete also mit meinem Mann und fragte ihn, was er davon hält, wenn wir es mit Leihmutterschaft versuchen würden.

    • @oregano:

      Glücklicherweise schloss er sich recht schnell meiner Idee an. Unglaublich aber schon bei dem ersten Versuch war unsere Leihmutter schwanger geworden. Jetzt sind wir also die überglücklichsten Eltern des allersüßten Kindes

  • Angesichts der Tatsache, dass so viele Kinder auf der Erde leiden, empfinde ich den Wunsch, auf Biegen und Brechen ein "eigenes" Kind haben zu wollen als sehr egoistisch.

     

    Es gibt sowieso schon zu viele Menschen auf der Erde!

  • Kinderlos zu sein und zu bleiben ist kein Weltuntergang. Das Bedürfnis, Für Kinder da zu sein, ihnen Geborgenheit zu geben, sie bei ihrem Weg in die Welt zu unterstützen, kann man/frau dennoch stillen: als Adoptiveltern oder im Ehrenamt.

    Die Behandlungen, die Frauen über sich ergehen lassen um ein technologisch hergestelltes Kind auszutragen, haben in erster Linie großen Nutzen für eine unstillbar gierige Medizinindustrie. Auf einem bereits jetzt erschreckend überbevölkerten Planeten sind Frauen (und Männer) gut beraten, dem subtil aufgebauten manipulativen Druck nicht nachzugeben.

    Kinderlosigkeit, ebenso wie viele andere Lebenslagen, kann eine große Chance für die eigene Wwiterentwicklung sein.