Hamburg im Bildungsranking: Von Berlin und Bremen abgesetzt
Laut einer Studie sind die Leistungen von Grundschülern weiter abgestürzt. Im Vergleich bei den Stadtstaaten liegen Hamburgs Viertklässler vorn.
Demnach stehen Hamburgs Viertklässler, die 2021 an dem Test teilnahmen, im Lesen sogar auf Platz 3, gleich hinter Bayern und Sachsen. Beim „Zuhören“ kamen sie auf Platz 5, bei Rechtschreibung und Mathe immerhin auf Platz 8. In Summe, so rechnete Rabe vor, stehe Hamburg auf Platz 6, und das sei das beste Ergebnis seit Beginn der bundesweiten Erhebungen, bei denen Hamburg mit den Stadtstaaten Bremen und Berlin stets das Schlusstrio bildete.
Kleiner Wermutstropfen: So ein Ranking ist eigentlich verpönt. Sagt es doch wenig über den Erfolg eines Schulsystems. Denn es ignoriert die verschiedenen Vorraussetzungen der Kinder. Im IQB-Bericht selber ist es nicht zu finden.
Hinzu kommt: Im Vergleich zu den Tests von 2011 und 2016 sackten alle Länder ab. Es gab Schulschließungen und eine veränderte Schülerschaft. Bundesweit stieg der Anteil von Kindern mit Zuwanderungshintergrund auf 38 Prozent, in Hamburg gar auf 51,8 Prozent. Nur sackte Hamburg kaum ab. Im Lesen zum Beispiel sank der Mittelwert von 487 auf 479 Punkte, was 2011 nur für Platz 14 gereicht hätte. Hamburg ist also Krisengewinnler.
Hamburg ist gut, weil es stabil bleibt
Und doch attestiert der IQB-Bericht Hamburg einen Erfolg, eben weil es stabil blieb. Auch der Bildungsforscher Ulrich Vieluf sagt, Hamburg sei es gelungen, das mittlere Niveau der Grundschulen zu halten, das verdiene „hohe Anerkennung“ angesichts der Pandemie und des hohen Anteils an mehrsprachig aufwachsenden Kindern und Kindern aus benachteiligten Milleus.
Was Hamburg seit vielen Jahren wohl richtig macht, sind zum Beispiel regelmäßige Lernstandserhebungen, die den Schulen spiegeln, was die Kinder wirklich lernten. Hinzu kommen kostenlose Nachhilfe und Ganztagsschulen, zusätzliche Sprachförderung und gezielte Förderung von Lesen und Sprachbildung im Unterricht. Schulsenator Rabe nahm die Studie zum Anlass, um für seien künftigen Kurs zu werben. So setzt er auf „klarere Bildungspläne“ und „mehr Klausuren in der Rechtschreibung“. Beides ist umstritten.
Ulrich Vieluf, früher in Hamburg Schulstaatsrat, sagt, wichtig für Lernerfolg sei die Vermeidung von Unterrichtsausfall und Lehrerwechseln. Auch bräuchten die Kinder „ermutigende kompetenzorientierte Rückmeldungen“ über ihre Fortschritte, eine Praxis, die viele Hamburger Grundschulen in dem Schulversuch „Alleskönner“, der auf Noten verzichtete, entwickelten.
Insgesamt ergibt die IQB-Studie ein „besorgniserregendes Bild“, so die Autoren. Politisch brisant ist die Quote der Viertklässler, die nicht mal „Mindeststandards“ erreichten. Hier gibt es eine Gruppe von Ländern, die in Mathe um die 30 Prozent solcher Schüler haben, in Rechtschreibung gar über 40 Prozent.
Auch in Hamburg verfehlt gut ein Fünftel der Kinder diese Standards. Weshalb auch Ties Rabe sagt: „Es bleibt noch viel zu tun.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr