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Halbfinale der Champions LeagueDas Spiel um den Platz im Tor

Loris Karius ist Torwart beim FC Liverpool. Doch so richtig traut man ihm nicht. Gegen den AS Rom spielt er auch um seine Zukunft.

Gute B-Note: Liverpools Torwart Loris Karius steht am Dienstag eine Prüfung bevor Foto: reuters

Liverpool taz | Rauslaufen oder stehenbleiben, das waren die Optionen, zwischen denen sich Liverpools Torwart Loris Karius entscheiden musste in dieser 88. Minute gegen den Tabellenletzten West Bromwich Albion am vergangenen Wochenende. Er machte zwei, drei Schritte nach vorne. An der Linie des Fünfmeterraums bremste er ab, sprang nach oben, streckte die Arme vom Körper und hatte doch keine Chance gegen den Kopfball von Salomón Rondón zum 2:2-Endstand. Es war eine dieser Aktionen, die nicht eindeutig als Torwartfehler einzustufen sind. Aber einen besonders glücklichen Eindruck machte Karius eben auch nicht wegen seiner Unentschlossenheit.

Dass sich der 24 Jahre alte Schlussmann durch diesen Wackler aus der Ruhe bringen lässt vor dem Halbfinal-Hinspiel in der Champions League gegen den AS Rom an diesem Dienstag um 20.45 Uhr an der Anfield Road, ist allerdings nicht zu erwarten. Denn erstens scheint es grundsätzlich schwierig, Karius aus der Ruhe zu bringen. Und zweitens hat er schon andere Turbulenzen überstanden in seiner noch recht jungen, aber schon sehr wechselhaften Karriere.

Im Alter von 16 Jahren zog es den im Schwabenland aufgewachsenen Karius zum ersten Mal nach England. Er wechselte in die Jugendabteilung von Manchester City, spielte für die U18 und für die Reserve des Klubs. Im Training übte er mit Englands Nationaltorwart Joe Hart. Karius spricht noch heute mit großer Hochachtung davon, wie sehr er von der täglichen Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Kollegen profitiert hat. Doch zugleich blockierte Hart auch seinen Zugang zur ersten Mannschaft. Karius entschloss sich, einen Schritt zurück zu machen, zu einem kleineren Klub. Nach zwei Jahren in Manchester wechselte er zu Mainz 05, erst auf Leihbasis, dann dauerhaft. Dort etablierte er sich im Profifußball und schaffte 2016 den Sprung nach Liverpool.

Doch sein zweiter Anlauf in England begann holprig. Karius brach sich in der Vorbereitung die Hand und war nach seiner Genesung nur zweite Wahl. Als seine Chance kam, ließ er sie durch die Hände rutschen, im wahrsten Sinne des Wortes. Weil Stammtorwart Simon Mignolet nicht überzeugte, wurde Karius zur Nummer eins auf Probe befördert, leistete sich allerdings mehrere Fehler. Die Fachleute waren sich einig, dass der Import aus Deutschland nicht gut genug für den ruhmreichen FC Liverpool sei. Trainer Jürgen Klopp setzte ihn nach nur zehn Spielen in der Liga wieder auf die Bank.

Karius hat an Sicherheit gewonnen, seit er sich Stammkraft nennen darf

Doch Klopp gehört zu der Sorte Übungsleiter, die geduldig ist und Fehler verzeiht. Er erteilte Karius in dieser Saison in allen Spielen der Champions League das Startrecht und machte ihn Anfang des Jahres, nach mehreren Wechseln mit Mignolet zur Nummer eins in allen Wettbewerben. Seitdem spielt er, und er spielt zur Zufriedenheit des Trainers. „Ich wäre der größte Idiot im Weltfußball, wenn er kein guter Torwart wäre und ich ihn trotzdem aufstellen würde“, sagte Klopp neulich.

Karius hat an Sicherheit gewonnen, weil er sich seiner Rolle als Stammkraft sicher sein darf. Er ist solide mit dem Fuß, hat sich in der Beherrschung seines Strafraums verbessert und kommandiert seine Mitspieler mit einer größeren Selbstverständlichkeit als zum Anfang. Mit ein paar herausragenden Paraden hat er zuletzt gezeigt, dass er die Kernkompetenz des Torhüter-Handwerks beherrscht.

Final zerstreut hat er die Zweifel an seiner Person allerdings noch nicht. Gelegentlich macht Karius immer noch einen flatterhaften Eindruck. In Liverpools Umfeld halten sich deshalb die Debatten, ob der Klub zur neuen Saison nicht lieber einen Torhüter von Weltrang verpflichten sollte. Als Kandidat wird der brasilianische Nationaltorwart Alisson von Liverpools Gegner AS Rom gehandelt. Das Halbfinale der Champions League ist also auch ein Torhüter-Duell. Karius kann beweisen, dass sein Arbeitgeber auf seiner Position keinen Handlungsbedarf hat. Dazu sollte er allerdings entschlossener auftreten als in der 88. Minute gegen West Bromwich Albion.

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1 Kommentar

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  • Also, nach dem Spiel heute, ist nicht viel zu maekeln. Karius machte eine glänzende Figur, ganz anders als sein Gegenüber. Well done!