Haiders Geheimkonten: Brisante Notizen
Ein Bericht über Briefkastenfirmen des toten Rechtspopulisten Haider in Liechtenstein macht dessen Partei BZÖ nervös. Aufschluss könnte ein Notizbuch geben.
Hat er oder hat er nicht? Hat Jörg Haider über schwarze Millionenkonten in Liechtenstein und der Schweiz verfügt? Seit das österreichische Nachrichtenmagazin Profil am Wochenende eine detaillierte Recherche über Haiders Briefkastenfirmen im Steuerparadies veröffentlichte, ist zwar eine Unmenge an Informationshäppchen aus verschiedenen Quellen gesprudelt, aber wenig Licht auf die Sache selbst geworfen worden. In der Partei BZÖ, der 2005 von Haider gegründeten Abspaltung von der rechten FPÖ, flattern jedenfalls die Nerven. Gerald Grosz, BZÖ-Obmann in der Steiermark, wo in zwei Monaten Landtagswahlen stattfinden, verglich die Medienberichterstattung mit dem Nazi-Blatt Der Stürmer. Auch Meinungsforscher glauben, dass das BZÖ unter der Affäre leiden werde, egal, was dabei herauskomme.
In den letzten Tagen drehte sich alles um ein Notizbuch des ehemaligen FPÖ-Politikers Walter Meischberger. Der einstige Tankwart aus Tirol ist im Umfeld Haiders und des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser zu schnellem Reichtum gekommen. Eine Provision von zehn Millionen Euro für nicht näher erklärte Beraterdienste beim Verkauf von Bundesimmobilien (Buwog) im Jahre 2004, die über Briefkästen in Zypern und der Karibik ihren Weg auf sein Konto fand, „vergaß“ er zu versteuern.
Im Zuge der Untersuchungen des Buwog-Deals beschlagnahmte die Polizei im Februar Meischbergers Notizbuch, das dem Verdacht Nahrung gibt, die FPÖ, ihre Funktionäre und Freunde hätten ihre Regierungsbeteiligung ab dem Jahr 2000 als Goldgrube genutzt. Die Notizen wurden jetzt der Stadtzeitung Falter zugespielt, der sie in zentralen Passagen zitiert.
Belastet wird dadurch vor allem auch Karl-Heinz Grasser, Autohändlerssohn aus Klagenfurt, der dank Haider mit 25 Jahren Landeshauptmann-Stellvertreter in Kärnten und mit 31 Jahren der jüngste Finanzminister des Landes wurde. Grassers Name taucht im Umfeld praktisch aller Finanzskandale der letzten Jahre auf. Reich geworden ist auch er. Doch bisher gleiten alle Vorwürfe an ihm ab und auf die nahe liegende Idee, seine Konten zu öffnen, ist der Staatsanwaltschaft noch nicht gekommen.
Meischberger hält auch fest, dass ein Polizist sich für 5000 Euro angedient hätte, den Kontakt zu einer mit den Buwog-Untersuchungen betrauten Beamtin der Staatsanwaltschaft herzustellen, die bereit wäre, den Bericht „positiv zu drehen“. Meischberger hat laut eigenen Aufzeichnungen „Bereitschaft signalisiert“, auf das Angebot einzusteigen.
Das ominöse Notizbuch, dessen Wahrheitsgehalt inzwischen von Meischberger selbst via Anwalt start relativiert wurde, bietet auch eine Erklärung für Jörg Haiders mysteriöse Besuche bei Iraks Diktator Saddam Hussein, als die USA bereits die Vorbereitungen zum Angriffskrieg trafen. Ein Teil der 45 Millionen, die Haider über mehrere Konten verteilt hatte, soll demnach von Saddam und dessen Sohn Udai stammen, die vor dem Krieg möglicherweise geraubtes Vermögen ins Ausland schaffen wollten. Auffällig ist jedenfalls, dass sich ausgerechnet in Kärnten, wo die Abwehr von Fremden mit besonderer Konsequenz betrieben wird, Mitglieder von Saddams Baath-Partei als Asylwerber niederlassen und, so der Falter, „innerhalb weniger Monate über große Vermögen verfügen“.
Meischberger selbst hat diese Informationen nicht aus erster Hand, sondern vom Haider-Vertrauten Franz Koloini, der auch in kürzester Zeit zu viel Geld kam und es fast ebenso schnell auch wieder verprasst hat. Was daran stimmt, sollte die Staatsanwaltschaft klären, die sich bisher bedeckt hält. Untersuchungen gegen Haider und seine Getreuen sind bisher immer durch politische Intervention niedergeschlagen worden. Selbst der Rechnungshof, der im Ruf der unbestechlichen Gebarungsaufsicht steht, dürfte in heiklen Fällen im Schongang fahren. Das behauptet zumindest ein ehemaliger Mitarbeiter, der Mittwoch im ORF schilderte, wie der Bericht über den Verkauf der Bundeswohnungen, der offenbar zum schweren Nachteil der Republik abgewickelt wurde, verzögert und ausgedünnt worden sei.
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