Hafen soll nicht schlafen – Soziokultur auch nicht: Eine laute und initiative Legislative
Kulturdepu vergibt Wettmittel
Was dem zugeschütteten Überseehafen unwiederbringlich fehlt, schwappte in der gestrigen Sitzung der Bremer Kulturdeputation umso lauter: hoch schlagende Wellen. Thema war das Vorhaben des Focke-Museums, am ehemaligen Hafen ein Museum einzurichten.
Vor einem Monat hatten Kultursenator und Focke-Stiftungsrat das Projekt als nicht finanzierbar abgelehnt – gestützt auf Berechnungen der kmb (Kultur Management Bremen). Die kmb hielt wesentlich höhere Betriebskosten (nämlich 250.000 Euro jährlich) für erforderlich als die Museumsleute selbst. Nun sollten die Argumente noch einmal ausgetauscht werden – was zu einer der „ätzendsten Sitzungen“ führte, die sie je erlebt habe, wie die grüne Kulturpolitikerin Helga Trüpel hinterher sagte. Auch Focke-Direktor Jörn Christiansen war sehr verärgert: „Ich habe selten eine so unverschämte Situation erlebt.“ Denn zunächst einmal habe ihn die CDU gar nicht zu Wort kommen lassen, obwohl er auch von ihr ausdrücklich eingeladen worden war. Noch einen Tag zuvor hatte sich CDU-Fraktions-Chef Jens Eckhoff mit der Versicherung zu Wort gemeldet, seine Partei unterstütze das Hafenmuseum. Stattdessen gab es in der Deputation einen „aggressiven Empfang“, sagt Christiansen, und anschließend „demonstrative Ignoranz“ seitens des Senators, als er endlich vortragen durfte.
Wie passt das alles zusammen? Sigrid Koestermann, Kultursprecherin der CDU, erklärt sich diese Stimmung mit dem schlichten Umstand, dass das Hafenmuseum gar nicht auf der (vom Kulturressort zu erstellenden) Tagesordnung stand. Zu guter Letzt beschloss die Deputation immerhin, dass sich Kultur- und Wirtschaftsressort zu Gesprächen zusammensetzen sollen, um die Möglichkeiten einer Finanzierung noch einmal zu eruieren. Carmen Emigholz (SPD) betonte: „Das Projekt ist zu wichtig, um es kaputtzureden.“ Allerdings sei es nur durchführbar, wenn die Berechnungen des Focke-Museums funktionierten, demnach keine Zusatzkosten für den Bremer Kulturhaushalt entstünden.
Andere Themen passierten die Deputation hingegen problemlos. Die Fraktionen verständigten sich darauf, im kommenden Jahr mindestens 100.000 Euro aus Wettmitteln für soziokulturelle Projekte zur Verfügung zu stellen – was nach den Worten von Carmen Emigholz der „inhaltlichen Innovation“ dienen soll. Weitere 100.000 Euro sollen speziell Projekten in städtischen Randlagen wie Osterholz, Hemelingen und Obervieland zu Gute kommen. Das basiere auf den positiven Erfahrungen, die man bereits mit dem „Regionaltopf Bremen-Nord“ gemacht habe – zum Beispiel mit dem einrichtungsübergreifenden „Fest der Lieder“. Henning Bleyl
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