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Häuslebauer unter HeuschreckenSPD will private Hausbesitzer schützen

Verkauft die Hausbank den Immobilienkredit weiter, soll man ihn kündigen dürfen, schlagen Brigitte Zypries und Peer Steinbrück vor.

Müssen sich ganz schön strecken: Häuslebauer. Bild: dpa

BERLIN taz Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Finanzminister Peer Steinbrück (beide SPD) wollen Hausbesitzern, deren Immobilienkredite verkauft werden, das Recht einräumen, diese zu kündigen. Denn in den vergangenen Jahren sind Banken auch in Deutschland auf die Idee gekommen, Privatkunden mit hohen Darlehen den Erwerb von Wohneigentum zu ermöglichen, das Recht auf Zins und Tilgung dieser Kredite aber später an ausländische Investoren zu veräußern. Damit die Schuldner den neuen Gläubigern nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind, soll nun das Kündigungsrecht eingeführt werden. Dieses, so der Vorschlag der SPD-Politiker, könnten die Hausbesitzer innerhalb der ersten drei Monate wahrnehmen, nachdem ihr Darlehen verkauft wurde. Damit sie dieses Recht auch ausüben können, muss ihre Hausbank sie über den Verkauf der Forderungen informieren. Auch das ist eine Verbesserung gegenüber dem gegenwärtigen Zustand.

Diese geplanten Regelungen stehen in einer so genannten Formulierungshilfe, die die Ministerien für Justiz und Finanzen gemeinsam an den Bundestag geschickt haben. Den Abgeordneten liegt schon der Entwurf des Risikobegrenzungsgesetzes vor, den das Bundeskabinett im Oktober beschlossen hat. Darin werden Finanzinvestoren, für die der damalige SPD-Chef Franz Müntefering 2005 den Kampfbegriff "Heuschrecken" prägte, neuen Pflichten unterworfen. Die Investoren sollen künftig erklären, woher ihr Geld stammt, wenn sie mehr als zehn Prozent eines Unternehmens in ihren Besitz gebracht haben. Regelungen über den Schutz privater Hausbesitzer, deren Kredite verkauft werden, fehlten in dem Gesetzentwurf bislang. Mit ihrer Formulierungshilfe füllen die SPD-Ministerien diese Leerstelle nun. Ein Kommentar der Union oder des Bundeswirtschaftsministeriums war gestern nicht zu erhalten.

Zypries und Steinbrück schlagen weiterhin vor, dass Banken in Deutschland immer auch Kredite anbieten müssen, die sie nicht verkaufen dürfen. Hausbesitzer könnten sich dann vorher entscheiden, ob sie einen veräußerbaren oder einen nicht verkäuflichen Darlehensvertrag abschließen wollen. Für Letztere, vermuten Zypries und Steinbrück, würden dann freilich höhere Zinsen fällig, weil die Darlehen den Schuldnern eine größere Sicherheit bieten.

Die Regulierung des Kreditverkaufs ist Teil einer größeren Debatte. In den USA verlieren Banken gerade Dutzende Milliarden Dollar, weil die Preise für Immobilien sinken und viele private Schuldner ihre Zins- und Tilgungsraten nicht begleichen können. Auch deutsche Finanzinstitute wie die Sächsische Landesbank sind an den Verlusten beteiligt, weil sie mit Hilfe ausländischer Ableger Kreditpakete in den USA gekauft haben.

Nicht nur SPD-Chef Kurt Beck fordert schärfere Regelungen für Banken und Investoren. Auch die Grünen haben vor kurzer Zeit ein ganzes Paket von Vorschlägen beschlossen. Das weitgehend aus der Feder des Finanzexperten Gerhard Schick stammende grüne Papier mahnt mit Nachdruck an, dass ausländische Tochterfirmen deutscher Banken in die hiesige Bankaufsicht einbezogen werden müssten. Dadurch wollen die Grünen verhindern, dass etwa die Sächsische Landesbank mittels eines Ablegers in Irland unbeobachtet und unkontrolliert Milliardenrisiken durch den Kauf von Immobilienkrediten anhäuft.

Außerdem regen die Grünen an, dass die Banken risikoreiche Geschäfte ihrer Tochterfirmen mit größeren Eigenkapitalsummen absichern müssen als heute. Im Notfall könnten die Finanzinstitute dann Verluste aus eigenen Mitteln bestreiten und müssten sich nicht hilfesuchend an die Allgemeinheit, also die Steuerzahler wenden.

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