Härteres Vorgehen gegen Kritiker: Ernst will Maulkorb in der Linken

Geht es nach Klaus Ernst, könnte "illoyales Verhalten" in der Linken künftig bestraft werden. Auch bei der Programmdebatte gibt es Differenzen in der Partei.

Ist für einen Paragrafen gegen "illoyales Verhalten": Parteichef Klaus Ernst. Bild: dpa

BERLIN taz | In der Linkspartei gibt es Überlegungen, schärfer gegen innerparteilicher Kritiker vorzugehen. Bei der Sitzung des geschäftsführenden Parteivorstands am Wochenende hat sich Parteichef Klaus Ernst dafür starkgemacht. Er sympathisiere mit der jüngsten Satzungsänderung der Saar-Linkspartei, eröffnete Ernst seinen verdutzten Genossen.

Es sei gut vorstellbar, so Ernst, die rigide Regel auch in der Bundespartei einzuführen. Raju Sharma, Schatzmeister der Linkspartei, der bei der Sitzung anwesend war, zeigte sich entsetzt: "Wenn das so kommt, ist das nicht mehr meine Partei", so Sharma zur taz.

Im Saarland hat die Linkspartei kürzlich den Paragrafen "parteischädigendes Verhalten" in ihre Satzung eingefügt. Offizielle Begründung: Man wolle damit ein paar notorische Streithansel zur Räson bringen. Doch den Libertären in der Linkspartei und vielen Ex-PDSlern geht die Satzungsänderung viel zu weit. Denn als "parteischädigend" gilt auch, über Medien Genossen "zu diffamieren" oder "vertrauliche Parteivorgänge" zu veröffentlichen.

Außerdem werden die Genossen verpflichtet, "sich loyal gegenüber der Partei zu verhalten". Mangelnde Loyalität zur Partei war ein Standardvorwurf in kommunistischen Kaderparteien. Kritiker wie Raju Sharma fürchten, dass dieser Gummiparagraf von einer autoritären Parteiführung benutzt werden kann, um unliebsame Genossen aus der Partei zu drängen. "Damit sollen Kritiker eingeschüchtert werden", so Sharma.

Einen formalen Beschluss fällte der Parteivorstand nicht. Parteichefin Gesine Lötzsch äußerte sich in dem Gremium skeptisch gegenüber der Idee, den Saar-Paragrafen auch in die Bundessatzung zu übernehmen. Anlass der Debatte war die Frage, ob die Saar-Sonderlösung überhaupt rechtens ist oder ob die Bundessatzung, in der es bisher keinen ähnlichen Paragrafen gibt, nicht auch im Saarland gilt.

Der pragmatische Bundestagsabgeordnete Jan Korte sagte der taz, dass er sich eine Übernahme der Lex Saarland für die Bundespartei nicht vorstellen könne. Dies verbiete sich "schon aufgrund der Geschichte unserer Partei".

Ein offene Kontroverse gab es im Parteivorstand zwischen Partei-Vize Katja Kipping und Parteichef Klaus Ernst - um das Grundsatzprogramm. Kipping, die für ein bedingungsloses Grundeinkommen eintritt, wollte einen weiteren, nicht auf Erwerbsarbeit fokussierten Arbeitsbegriff durchsetzten. Ernst habe, so Kipping, auf der Webseite der Zeitschrift Prager Frühling, versucht, diese Abstimmung erst "mit Tricks" zu verhindern. Die Basis solle ihre Meinung sagen, doch an dem Entwurf dürfe nichts geändert werden. Der Parteichef führe sich auf wie CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus, der durchregieren wolle.

Die Programmdebatte, so Kipping, werde so "zur Farce". Der Parteivorstand lehnte Kippings Antrag mit 19 zu 16 Stimmen ab. Die Bundesfrauenkonferenz und ein Forum beim Programmkonvent in Hannover hatten Änderungen beim Arbeitsbegriff angemahnt.

Das Problem, so Kipping zur taz, sei nicht, dass sie diese Abstimmung verloren habe. Sondern der Stil von Klaus Ernst, der klare Debatten verhindere und versuche, "hintenherum Fakten zu schaffen". Ein Ost-Genosse kritisierte, dass Ernst sich nicht verhalte wie ein Parteichef. Statt zu integrieren, wirke er polarisierend.

In einer Pressekonferenz hat Ernst, der aus der IG Metall kommt, kürzlich die Bemerkung fallen lassen, dass er als Parteichef habe lernen müssen, dass eine Partei "weniger homogen ist als eine Gewerkschaft". Offenbar muss er da noch ein bisschen nachsitzen. Bis jetzt versucht er die Linkspartei zu führen wie einen IG-Metall-Bezirk.

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