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Habibie nutzt deutsches Image für seinen Machtausbau

■ Deutsche Wirtschaftsvertreter setzen mit Unterstützung Bonns ganz auf den künftigen Vizepräsidenten Habibie als ihren besten Mann in Indonesien. Doch das könnte teuer werden

Wohl kaum jemand in Deutschland kennt den künftigen indonesischen Vizepräsidenten Bacharuddin Jusuf Habibie länger als Klaus von Menges. Der Vorsitzende der Essener Ferrostaal AG, eines unter anderem im Rüstungsbereich aktiven Industrieanlagenkonzerns, traf Habibie erstmals in den 50er Jahren: „Damals waren wir Studenten – er in Aachen, ich in Köln.“ Deutschland habe damals auf Habibie einen starken Einfluß gehabt und habe ihn auch noch heute, glaubt von Menges. Habibie studierte und lehrte an der Technischen Hochschule Aachen von 1955 bis 1964 Maschinen- und Flugzeugbau. Anschließend arbeitete er in der Kernforschungsanlage Jülich, bis er dann zum Hamburger Rüstungs- und Flugzeugkonzern MBB wechselte. Dort wurde er später Vizepräsident für angewandte Technologie. Suharto holte ihn nach Indonesien zurück und machte ihn 1978 zum Minister.

Indonesiens künftiger Vizepräsident verstehe seine deutschen Kontakte einzusetzen, sagt von Menges. Er sollte es wissen, denn von Menges ist Sprecher der deutschen Wirtschaft im Deutsch-Indonesischen Forum für Wirtschaft und Technologie und vertritt bei bilateralen Geprächen die deutsche Seite gemeinsam mit Wirtschaftsminister Günter Rexrodt. Die Ferrostaal AG, eine Tochter des Maschinenbaukonzerns MAN, macht in Indonesien rund 300 Millionen Mark Jahresumsatz.

„Habibie hat sehr enge Beziehungen nach Deutschland, zu Geschäftsleuten, Politikern, Künstlern. Er mag dieses Land und bringt dessen Geist in seine Heimat. Er hat die Industrie, für die er verantwortlich ist, mit gutem deutschen ,Touch‘ aufgebaut“, sagt von Menges. Dieser „Touch“ führte zu Millionenaufträgen für deutsche Firmen, die sie von den Habibie unterstellten Industrien sowie aus Entwicklungshilfeabkommen und Rüstungsgeschäften erhielten.

„Habibie ist bei den Deutschen beliebt und mit dem Leben in Deutschland gut vertraut“, sagt der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Mahlo, der im Auswärtigen Ausschuß für Südostasien zuständig ist. „Wir betrachten ihn als Freund.“ Als Zeichen der Dankbarkeit wurde Habibie 1997 auf Antrag von Außenminister Klaus Kinkel mit dem Großkreuz ausgezeichnet, dem höchsten deutschen Orden für Ausländer unterhalb des Präsidentenranges. „Sogar in der indonesischen Öffentlichkeit wird Suharto als Vertreter Deutschlands gesehen“, sagt Mahlo.

Habibie hat dies genutzt, um seine Machtbasis aufzubauen. 1996 sorgte er dafür, daß der kranke Präsident Suharto sich in einer Spezialklinik in Bad Oeynhausen behandeln ließ. Dies organisierte Habibie damals von seiner Villa im niedersächsichen 100-Seelendorf Kakerbeck bei Stade aus.

Habibies deutsche Vergangenheit hat auch dunkle Flecken. 1995 wurde in Deutschland sogar gegen ihn Anklage erhoben. Er hatte behauptet, daß Demonstranten, die gegen Suhartos Besuch in Dresden protestiert hatten, dafür bezahlt worden seien. Ein Diplomat, auf den sich Habibie berief, dementierte eine entsprechende Aussage. Doch das Verfahren wurde eingestellt, als Habibie sich auf seine diplomatische Immunität berief.

Seine Rhetorik über den Erfolg seines Lieblingsprojekts, des Regionalflugzeugs N250, erwies sich jüngst als Luftblase. Anders als von der indonesischen Botschaft in Bonn behauptet, liegt nicht eine Bestellung aus Europa für das Flugzeug vor, wie der Vertreter der Flugzeugwerft, Hans Indlekofer, auf Anfrage erklärte. Im baden-württembergischen Lahr wurde 1997 ein Joint-venture zum Vertrieb des Flugzeugs gegründet. Die Hälfte der Mittel von einer Million Mark kommt von der baden-württembergischen Landesbank.

Habibies Image als „German Boy“ könnte für Bonn teuer werden, wenn er Gegenleistungen einfordert. In der jetzigen Krise „hofft Habibie auf Unterstützung aus Deutschland“, meint Mahlo, weil die indonesische Führung „unglücklich über die Amerikaner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) ist“. Mahlo glaubt nicht, daß Habibie diese Hilfe bekommt. Trotz neuer deutscher Kredite von 375 Millionen Mark erst im letzten Monat unterstütze Bonn das IWF-Programm. „Wir müssen ihn als Freund auffordern, schmerzhafte Einschnitte zu machen und die traditionelle Politik zu ändern, die für die jetzigen Schwierigkeiten verantwortlich ist.“ Alex Flor von der Menschenrechtsorganisation „Watch Indonesia“ schätzt hingegen, daß Bonn bedingungslos an Habibie festhalten werde, „um in Zukunft noch mehr Verträge mit ihm machen zu können“. Hugh Williamson, Köln

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