Haare im Brot: Der Mond im zweiten Haus
■ Eine Episode zwischen Traum und Wirklichkeit
Acht Uhr. Die Nachrichten. Bremen. Aufgrund der bisher schwachen Besucherzahlen des Musicals HAIR hat die Bremer Bürgerschaft mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen beschlossen, einige Straßen umzubenennen. Bremen müsse zu seinem Musical stehen. Das sollte auch im Alltag deutlich werden, heißt es in einem Papier, das die drei Fraktionsvorsitzenden am Abend vorlegten. Betroffen sind die Schwachhausener HAIRstraße, die HAIRderstraße und der OstHAIRdeich. Allein der DVU-Vertreter im Parlament stimmte gegen den Antrag und forderte gleichzeitig ein Musicaltheater für Bremerhaven. Die Grünen, die anfangs noch gezögert hatten, stimmten letztendlich für den Antrag der Koalition. Die Bremer SPD-Spitze hatte ihnen gedroht, den Kanzler gemeinsam mit Guido Westerwelle für ein Wochenende an die Weser einzuladen.
Um das marode Musical weiter zu fördern, soll am Wochenende ein Benefizkonzert unter dem Motto „RockHAIR für HAIR“ in der Stadthalle stattfinden. Angekündigt haben sich neben HAIRbert GrönemeyHAIR und HAIRmann van Veen auch die Kölsch-Rocker von BAP, deren Song „Verdamp lang HAIR“ als neuer Slogan der Musical-Kampagne im Gespräch ist.
Der Wecker klingelt. Das Radio springt an. Nochmal Nachrichten? Die Grünen leben immer noch. Die Taliban ergeben sich. Mutter Becker wird der Steuerhinterziehung verdächtigt. Von Umbenennung und Benefizkonzert keine Rede. Was für ein Alptraum!
Erstmal eine kalte Dusche nehmen, dann schön frühstücken. Kaffee und Brötchen – also, auf zum Bäcker. Zwei Sesam- und ein Mohnbrötchen bitte! Und dann das. Schlaftrunken wandert der Blick zu einem Plakat zwischen Mischbroten und Kaffeemaschine. Was steht da? „HAIRb und HAIRzhaft – das neue musikalische Brot mit wertvollen Ölsamen – HAIRlich frisch.“ Nochmal gucken. So haarsträubend es ist, es stimmt tatsächlich. Wie heißt es noch so schön? Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum. HAIRschaftszeiten!
Ebbe Volquardsen
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