HU setzt Anwesenheitskontrollen aus: Studis sind außer Kontrolle
Erster Erfolg für die protestierenden Studis an der Humboldt-Uni: Bis zum Semesterende werden die Anwesenheitskontrollen in den Lehrveranstaltungen ausgesetzt.
An der Humboldt-Universität (HU) fordert der Bildungsstreik erste Opfer: Die umstrittenen Anwesenheitskontrollen werden bis zum Ende des Wintersemesters im März ausgesetzt. Das entschied der Akademische Senat der HU mit deutlicher Mehrheit in seiner Sitzung am Dienstag.
Damit kommt der Senat einer der Hauptforderungen der protestierenden Studenten nach. "Seit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge im Jahr 2003 fordern wir die Abschaffung der Anwesenheitslisten", sagt Tobias Roßmann, zuständig für Lehre und Studium im ReferentInnen-Rat der HU.
Die Anwesenheitskontrollen wurden im Zuge des Bologna-Prozesses für die neuen Studiengänge eingeführt. Theoretisch müssen sich die Studierenden in allen Kursen per Unterschrift in eine Liste eintragen, um ihre Anwesenheit nachzuweisen. Je nach Dozent darf man zwei- bis dreimal fehlen; ein weiterer Fehltermin führt zum Ausschluss aus dem Kurs. Viele Studierende sähen die Kontrolle als Affront, meint Roßmann, da ihnen "systematisches Schwänzen" unterstellt werde.
Bereits in mehreren Senatssitzungen hatten die studentischen VertreterInnen das Problem thematisiert. "Dass es jetzt auf einmal entschieden wird, damit habe ich nicht gerechnet", sagt Roßmann. Im Senat sei wohl die Einsicht gereift, dass dieses Problem "nicht auf dem Rücken der Studis ausgetragen werden kann".
Das Thema teilte die Lehrenden in zwei Lager. Einige kritisieren generell die fehlende Flexibilität der Kontrollen für Studentinnen mit Kind. Andere wiederum befürchten bei einem Verzicht auf die Anwesenheitslisten einen Nachteil für jene Studierende, die Bafög erhalten. Sie müssen ihre Studienleistungen dokumentieren und sind daher auf die Nachweise angewiesen.
Die Senatsentscheidung gilt nur, "bis ein tragfähiger Kompromiss gefunden ist", betont Roßmann. Die Listen aus dem laufenden Semester haben aber keine Bedeutung mehr: "Die können geschreddert werden."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken