: HSV hinter Gittern
Der Tabellenführer der Handball-Bundesliga feiert einen Erfolg im Achtelfinale des Europapokals gegen Belgrad – und verliert gleichzeitig seinen geschäftsführenden Gesellschafter Winfried M. Klimek. Der sitzt jetzt in Untersuchungshaft, weil er „erhebliche Geldbeträge“ veruntreut haben soll
Seit Monaten produziert der mit über zwei Millionen Euro verschuldete HSV Handball nun schon unliebsame Schlagzeilen und beschäftigt die Deutsche Handball-Liga (HBL). Es geht um verspätet gezahlte Spielergehälter und um unerfüllte Auflagen im Rahmen der Lizenzerteilung, die den derzeitigen Tabellenführer womöglich auch Punktabzüge kosten. Doch wenn am heutigen Montag der Ligavorstand in Hamburg zusammenkommt, um erneut über das in der Szene berüchtigte Finanzgebaren des HSV zu befinden, hat sich „die Lage dramatisch verschärft“, wie HBL-Vorsitzender Bernd-Uwe Hildebrandt urteilt. „Ich fürchte, das wird eine sehr lange Sitzung“, sagt auch HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.
Anlass für die Aufregung ist eine spektakuläre Verhaftung. Am Freitag nahm die Lübecker Staatsanwaltschaft den umstrittenen Winfried M. Klimek fest, den Inhaber der Omnisport GmbH & Co. KG, die mit einem Gesellschaftsanteil von 90 Prozent die Geschicke des HSV bestimmt. Die zentrale Frage lautet: Schlittert die Omnisport und damit der HSV ungebremst einer Insolvenz entgegen? Heute setzen sich die Gremien des Vereins mit Wirtschaftsprüfern und Anwälten zusammen, um die Lage nach der Festsetzung des geschäftsführenden Gesellschafter Klimek zu beurteilen.
Die Verhaftung Klimeks erfolgte am Freitag im Lübecker Büro seiner Firma Galaxy Technology AG. Ihm wird Untreue und Betrug vorgeworfen. Klimek, der von dem FDP-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Kubicki verteidigt wird, soll diverse Lieferanten und Banken um „erhebliche Geldbeträge“ gebracht haben. Im Raum stehen Beträge bis zu 30 Millionen Euro.
Die Festnahme ist für den HSV auch deswegen existenzbedrohend, weil damit die für Dienstag angekündigte Übertragung der Gesellschafteranteile der Omnisport auf den eigens gegründeten HSV Handball e. V., dem Heinz Jacobsen vorsteht, massiv gefährdet ist. Mit dieser Übertragung sollte, so der Plan, der skandalgeschüttelte HSV endgültig in ruhigere Fahrwasser gleiten: Der Einfluss des als unseriös geltenden Klimeks wäre damit endgültig entscheidend beschnitten. Glaubt man dem zweiten Geschäftsführer Wilfried de Buhr, ist die Anteils-Übertragung nicht gefährdet, da „Klimek entsprechende Vollmachten beim Notar“ hinterlegt habe. Andererseits hat Klimek seinen seit Monaten angekündigten Rückzug immer wieder verzögert. „Den hat der doch schon zehnmal angekündigt“, will auch HBL-Vorsitzender Hildebrandt daran nicht so recht glauben.
Die aktuelle Entwicklung, weiß auch Bohmann, wird „sicherlich Einfluss auf die Sitzung haben“ – und dabei scheint gleichgültig, dass für Klimek immer noch die Unschuldsvermutung gilt. Dass dem Tabellenführer, der am Samstag mit dem 37:26-Auswärtssieg bei Roter Stern Belgrad fast schon das Viertelfinale des europäischen Pokalsiegerwettbewerbs sicherte, zumindest zwei Punkte abgezogen werden, ist wahrscheinlich. „Nach wie vor lohnt es sich, für den HSV Handball zu kämpfen“, betont Jacobsen indes. Seine Mitstreiter in den Vereinsgremien sähen das auch so. Angeblich stehen Sponsoren und Investoren für den Fall des Ausstiegs von Klimek bereit. taz/Erik Eggers