piwik no script img

HRE-UntersuchungsausschussHandlungsunfähige Finanzaufsicht

Zwar konnte die Opposition die Koalition nicht ernsthaft in Schwierigkeiten bringen. Doch strukturelle Defizite der Bankenaufsicht werden im Abschlussbericht zur HRE-Pleite deutlich.

Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bezeichnte die HRE als einen Saustall. Bild: ap

BERLIN taz | Viele erhellende Momente erlebten die Abgeordneten des Bundestages in den insgesamt 125 Sitzungsstunden. Als "Saustall" bezeichnete etwa Bankenaufseher Jochen Sanio die Münchner Bank Hypo Real Estate (HRE). Diese und andere schöne Formulierungen finden sich im Bericht, den der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der milliardenteuren HRE-Pleite am Freitag dieser Woche vorlegt. Unter dem Strich bleibt eine wesentliche Erkenntnis: Die Bankenaufsicht in Deutschland ist nicht so gut aufgestellt, wie es notwendig wäre.

Monatelang hatte die Opposition aus FDP, Linken und Grünen versucht, der Regierung Fehler im Zusammenhang mit der Beinahepleite und Rettung der HRE nachzuweisen. Um den Zusammenbruch der Bank und möglicherweise weiterer Institute durch die Finanzkrise zu verhindern, haben Staat und private Banken die HRE mittlerweile mit einer Summe von 102 Milliarden Euro abgesichert. 90 Prozent der Aktien gehören dem Bund, rund 3 Milliarden öffentlicher Mittel sind bereits geflossen. Es könnten noch wesentlich mehr werden - die Rede ist von bis zu 20 Milliarden Euro aus Steuermitteln.

Neben Jochen Sanio, dem Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), kamen auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann und Klaus Müller, der Präsident des Bankenverbands, als Zeugen in den Ausschuss. Unter dem Strich ist es der Opposition dabei allerdings nicht gelungen, die Regierung für die Öffentlichkeit nachvollziehbar in große Schwierigkeiten zu bringen.

Deutlich wurde dies unter anderem in den Debatten über die Wirksamkeit der Bankenaufsicht. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, kritisierte, Bafin-Chef Sanio habe die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegenüber der maroden HRE nicht genutzt. Aufgrund des Kreditwesengesetzes habe die Bafin im Sommer 2008 in die Geschäfte der Münchner Bank eingreifen können und müssen, um Schlimmeres zu verhüten, so Schick.

Die Abgeordneten der Union, vor allem aber die SPD-Vertreter stellten sich vor Finanzminister Steinbrück und wiesen diesen Vorwurf zurück. Die HRE habe im Sommer 2008 "alle gesetzlichen Kennziffern erfüllt", sagte die Ausschussobfrau der SPD, Nina Heuer, der taz. Die Bafin hätte daher in die Geschäfte der HRE gar nicht eingreifen dürfen. "Hätte sie es trotzdem getan, wäre das für die Märkte ein verheerendes Signal gewesen, mit fatalen Folgen für die HRE", so Hauer. Die staatlichen Kontrollmaßnahmen hätten sonst den Geschäftspartnern der Bank signalisiert, dass diese kurz vor der Pleite stünde - und damit den Bankrott also erst herbeigeführt, lautet die Essenz dieses Arguments. Dadurch kommt allerdings die Frage auf, wie die staatliche Bankenaufsicht überhaupt funktionieren soll, wenn ihre Durchsetzung von Investoren immer als Zeichen wahrgenommen wird, sich zurückzuziehen?

Dazu fällt auch Schick keine wirklich zufriedenstellende Antwort ein. Er zieht sich darauf zurück, dass den Grünen als kleine Oppositionspartei die Ressourcen fehlten, "perfekte Gegenmaßnahmen" zu entwickeln. "Die Defizite muss die Regierung beheben", so Schick. Die Bankenaufsicht im Hinblick auf solche Extremfälle wie die HRE zu verbessern, ist allerdings eine Frage für echte Spezialisten, mit der man beim durchschnittlichen Fernsehzuschauer keine hohe Quote erzielen kann.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!