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■ H.G. HolleinOh, là là

Die Frau, mit der ich lebe, war in Paris. Ich mußte auch mit. Nicht, daß ich etwas gegen das Sündenbabel an der Seine hätte, aber es ruft bei der Gefährtin Verhaltensmuster ab, die ich so an ihr nicht kenne. Zugegeben: die Gefährtin – im folgenden Madame – ist des Französischen nicht mächtig und daher auf meine guten Dienste angewiesen. Aber ich finde, sie macht doch ein wenig zu leichthin von ihnen Gebrauch. Da in ihrer Vorstellung alle männlichen Franzosen ihre Angebetete auf Händen tragen, scheint es ihr nur billig, daß ich mich zumindest alleine um die Koffer kümmere, allmorgendlich mit einem frischen Baguette ans Bett getrabt komme und beim Abendessen dem Kellner die nicht gerade knappe Wunschliste von Madame übermittele. „Das macht hier der Mann, Cheri“, flötete sie dann elegant und rückt sich mit feingliedrigem Chic die Sonnenbrille zurecht. Tagsüber wird besichtigt. Das heißt, ich besorge Fahr- und Eintrittskarten und übersetze – wenn auch zunehmend kursorisch – ein nicht unerhebliches Pensum an Informationstafeln. Zum Genuß des urbanen Flairs gehört natürlich auch ein Einkaufsbummel. Wie es das unerforschliche Walten des Schicksal so fügte, war just während unseres Verweilens das „Festival der Lingerie“ ausgerufen worden. So wartete ich, um souveräne Nonchalance bemüht, inmitten kenntnisreich prüfender Pariserinnen vor der einen oder anderen Umkleidekabine und versicherte überaus zuvorkommenden Verkäuferinnen, daß Monsieur keineswegs nach etwas Ausgefallenem suche. Das tat schon Madame. Gefragt, ob Madame nicht noch den einen oder anderen BH probieren wolle, verfiel ich zwar auf ein preisbewußtes „Das hat Madame nicht nötig“, aber da hatte Madame bereits die ersten Exemplare handgreiflich in Augenschein genommen. Immerhin erbat Madame dann doch mein partnerschaftliches Urteil. Ich antwortete – ehrlich –, daß es bei meiner Dioptrienzahl weniger auf Details als auf kräftige Signalfarben ankäme. Jetzt weiß ich, was es heißt, seine Worte in Gold aufzuwiegen.

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