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Gutes tun, aber wie?

Wer sein Erbe einer gemeinnützigen Organisation vermacht, sollte im Vorfeld das Gespräch suchen

Über den eigenen Tod hinaus noch etwas Gutes zu bewirken, kommt vor allem jenen in den Sinn, die sich ohnehin mit ihrem Ende befassen. „In der Regel sind es ältere Menschen, die mit ihrem Wunsch, ihr Erbe zu vermachen, zu uns kommen“, erzählt Carola Meier, Ansprechpartnerin für Stifter und Nachlässe beim katholischen Hilfswerk Missio in München. So erbte Missio im Jahr 2024 mehr als sechs Millionen Euro von privaten Unterstützern.

„Es sind oftmals Menschen, die seit vielen Jahren eine Bindung zu unseren zahlreichen, auf Spenden basierenden Entwicklungsprojekten in vielen Teilen der Welt haben“, verrät Meier. Bevor rechtlich alles in die Wege geleitet wird, sucht sie das direkte persönliche Gespräch mit den potenziellen Erblassern. Die Betriebswirtin erörtert ihnen dabei klar und transparent die Sachlage: was ihre testamentarische Entscheidung nach ihrem Ableben bedeutet und bestenfalls bewirken kann. Diese Begegnungen sind aus Meiers Sicht wichtig, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Nicht selten stehen hinter der Absicht, das persönliche Erbe einer gemeinnützigen Sache zu widmen, berührende Einzelschicksale.

„Was mache ich mit meinem Vermögen, wenn ich keine Kinder habe? – Das ist eine Frage, die viele bewegt“, weiß Annette ­Thewes von der Nachlass­agentur. Die zertifizierte Testamentsvollstreckerin arbeitet mit ihrem fünfköpfigen Team für mehr als ein Dutzend gemeinnütziger Organisationen. Ihre Nachlassagentur kümmert sich in deren Auftrag um die Nachlässe. „Wir nehmen dann Kontakt zu diesen Menschen auf und unterbreiten ihnen verschiedene Optionen, wie man für alle Beteiligten am besten und gewinnbringendsten den Erbfall gestalten kann“, so Thewes. Denn jeder Nachlass sei anders und einzigartig, berichtet die 58-Jährige.

„Wir erleben bei den Erstgesprächen regelmäßig, dass sich die Betreffenden zum ersten Mal Gedanken über das eigene Sterben machen.“ Zu Thewes kommen viele Menschen, die durch sich verändernde Familienstrukturen keine Kinder haben – bis zu 90 Prozent ihrer Klientel. „Aus diesem Grund“, so Thewes, „wollen die meisten eine sehr bewusste Form des Vererbens wählen.“

„Wir erleben, wie wichtig es den Vererbenden ist, dass ihre Zuwendungen auch in ihrem Umfeld, vor Ort oder in ihrer Region ankommen“, sagt Milena Feingold, die beim Deutschen Kinderhilfswerk Ansprechpartnerin für Erbschaften und Zustiftungen ist. Ihr Rat: sich auf der Suche nach einer gemeinnützigen Organisation als Erbe unter anderem an Siegeln orientieren.

Die meisten Organisationen haben Broschüren zu diesem Thema oder stehen telefonisch für Informationsgespräche zur Verfügung. Es lohnt sich, viele Fragen zu stellen. Professionalität bedeutet für gemeinnützige Organisationen bei der Nachlassverwaltung, den Letzten Willen so umzusetzen, wie die Erblasser es wünschten: Was sollte alles geregelt werden? Wen kontaktiert man in welcher Angelegenheit? Gemeinnützige Organisationen bringen dabei viel Erfahrung ein. Manche Menschen fragen sich beispielsweise, wer sich um ihren Hausrat kümmern wird. In einem Gespräch vorab lässt sich klären, was mit welchen Sachen geschehen soll. Bestimmte Dinge werden an Personen aus dem Umfeld weitergegeben, anderes für einen guten Zweck gespendet, etwa die Flüchtlingshilfe. So landet keineswegs alles unbesehen im Container, wie viele befürchten.

Da das Deutsche Kinderhilfswerk selbst hohen Wert auf Transparenz und Vertrauen setze, so Feingold, lasse man sich von drei Spendensiegel­organisationen zertifizieren: vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), von der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“ sowie von der Initiative Transparente Zivilgesellschaft. Dierk Jensen

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