Guter deutscher Start der Basketball-EM: Konzentration aufs Wesentliche
Beim EM-Auftaktsieg überzeugen die deutschen Basketballer vor allem mit ihrem Gemeinsinn im Defensivspiel. Die Fans feiern Nowitzki.
Der Veteran steckte in einem schicken Anzug und schrieb Autogramme, als hinge sein Leben davon ab. Erwachsene Männer mit seligem Blick streckten ihm von oben herab Basketbälle entgegen, Kids hielten dem Riesen Trikots und Deutschland-Schals hin. Und Dirk Nowitzki schrieb. Und schrieb. Und schrieb.
So ziemlich jeder in der Köln-Arena wollte etwas abhaben vom Ruhm des ehemaligen NBA-Spielers, der es von Würzburg aus nach Dallas geschafft hat. Nowitzki hielt wie schon nach seiner Demission bei den Dallas Mavericks eine etwas längliche und ungelenke Dankesrede, bevor sein Nationalmannschaftstrikot mit der Nummer 14 unter die Hallendecke gehievt wurde. „MVP“, riefen fast 18.000 Fans in der Halle, Nowitzki erschien noch einmal vor großem Publikum als der freundliche Typ von nebenan, der trotz Millionengage total normal geblieben ist. Solche Stars liebt das Land: nahbar, demütig, anständig.
Aber so ein freundlicher Basketballbär kann mehr als nur Tinte im Stift verbrauchen und dabei mit den Dritten charmant lächeln. Auf die deutschen Basketballer, die nach der Ehrung des „alten“ Mannes gegen den Olympiazweiten Frankreich antreten mussten, wirkte das Zeremoniell unter Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Mavericks-Eigner Mark Cuban belebend.
Die Fußstapfen waren groß, und das Team des Deutschen Basketball-Bundes scheute sich nicht, mit den eigenen Quadratlatschen hineinzutreten – was vor allem Daniel Theis leichtfiel, der Größe 50 trägt. „Dirk hat uns inspiriert und motiviert“, das war nicht nur von Johannes Thiemann zu hören, dem Spieler des Abends. Alle nannten Nowitzki als Impulsgeber und Trigger für eine erstaunliche Leistung gegen eines der Topteams bei dieser Basketball-Europameisterschaft, die in der Vorrunde in Georgien, Italien, Tschechien und Deutschland ausgetragen wird.
Eine Defense-Schlacht
„Wir haben das gemacht, was wir machen wollten“, sagte Johannes Voigtmann. „Der Plan ist zu 100 Prozent aufgegangen.“ Und das war in erster Linie: Hart, smart und konsequent verteidigen gegen ein Team, in dem mit Timothe Luwawu-Cabarrot (Atlanta Hawks), Evan Fournier (New York Knicks), Theo Maledon (Oklahoma City Thunder) und Rudy Gobert (Minnesota Timberwolves) gleich vier Spieler aus der US-Basketballliga NBA standen. Dass es eine Defense-Schlacht werde würde, war spätestens nach vier Minuten klar, als es 3:0 für Frankreich stand und die Destruktion trendete. „Wir sind ein Defensiv-Team, wir definieren uns über die Verteidigung, so können wir auch Spiele gegen vermeintlich bessere Mannschaften wie Slowenien oder Frankreich gewinnen“, sagte Thiemann, der in den vergangenen zwei Jahren eine erstaunliche Entwicklung genommen hat.
Der Profi, der bei Alba Berlin unter Vertrag steht, wurde in der Bundesliga-Finalserie zum wertvollsten Spieler gewählt. Am Donnerstagabend stahl er den NBA-Kräften Dennis Schröder und Franz Wagner hier und da sogar die Show. Furchtlos zog er am wohl besten Verteidiger der NBA, Rudy Gobert, vorbei und netzte ein. Das deutsche Paket, geschnürt von Coach Gordon Herbert, war handlich: Alle Spieler, die von der Bank aufs Spielfeld kamen, erfüllten ihre Rolle nahezu perfekt: Der Berliner Maodo Lo schlug atemberaubende Haken und organisierte das Spiel im Aufbau. Der Ex-Berliner Niels Giffey erzielte 13 Punkte (drei von vier Dreiern gingen rein) und verteidigte scheinbar so anstrengungslos, dass die Franzosen irgendwann nicht mehr wussten, wie sie diesen energischen und kompromisslosen Deutschen beikommen sollten.
Team France leistete sich zu viele Ballverluste, warf deutlich weniger auf den Korb – 52 Versuche bei 65 deutschen –, und die Freiwurfquote war mit 66,7 Prozent miserabel. Angesichts dieser Defizite konnte Kapitän Dennis Schröder es sich sogar leisten, keinen seiner sechs Dreierversuche in der Reuse zu versenken. Schröder, der sich rechtzeitig zum EM-Start einen blonden Blitz auf die Rübe hat zaubern lassen, spielte solide, aber herausragten im ersten Spiel andere.
Das focht den 28-Jährigen aber nicht an. Nach der Partie pries er erneut die „super Teamchemie“, in der jedes Molekül sich ins andere fügt und die Bindungsenergie groß ist. „Jeder hat seine Rolle in der Mannschaft verstanden und füllt sie aus“, sagte Schröder. Heißt: Es gibt offensichtlich eine klare Hackordnung sowie eine Konzentration aufs Wesentliche.
Das DBB-Team, das am Samstag gegen Bosnien (14.30 Uhr, Magenta Sport) antritt, hat begriffen: Will es bei dieser EM „Deutschland auf die Landkarte des Basketballs bringen“, wie Herbert hofft, „Identität unter den Fans stiften“, muss das mit einem Amalgam aus Defensive und Einmütigkeit gelingen. „Das war eine optimale Teamleistung“, sagte Dennis Schröder nach Etappe eins der Mission. Viel getroffen habe er ja nicht. „Aber am Ende haben wir trotzdem Defense gespielt, das ist unsere Identität, so müssen wir weitermachen.“
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