: Gute Noten aus Israel für Syrien
Zufriedenheit in Jerusalem mit dem „versöhnlichen Ton“ der Rede Assads vor dem Parlament in Damaskus / Golan-Lobby in der Arbeitspartei und Siedler machen mobil ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Eine Rede des syrischen Staatschefs Hafiz al Assad vor dem Parlament in Damaskus, in der er auch auf die Friedensbereitschaft seines Landes mit Israel einging, hat in Jerusalem für Aufsehen und sogar Zufriedenheit gesorgt. Inhaltlich bringe Assads Rede zwar nichts Neues und mache nur wieder deutlich, daß Damaskus auf einem totalen israelischen Rückzug aus dem im Jahre 1967 eroberten Golan beharre. Aber Assads Formulierungen klangen für israelische Ohren erfrischend konziliant, und Beamte des Jerusalemer Außenministeriums wiesen darauf hin, daß Assad jetzt ernstlich begonnen habe, die öffentliche Meinung seines Landes auf bevorstehende Friedensverhandlungen mit Israel vorzubereiten.
Itamar Rabinovich, israelischer Botschafter in Washington und Chef der Verhandlungsdelegation mit Syrien, bezeichnete die Rede Assads als wichtig, weil sie zeige, daß Damaskus jetzt zu einer öffentlichen Auseinandersetzung mit Israel über konkrete Friedensbedingungen bereit sei. Assad sage es zwar nicht direkt, mache aber dennoch deutlich, daß auch er den von Israel angestrebten „vollen Frieden“ suche — wenn auch nicht unter den Bedingungen, die der israelische Regierungschef Jitzhak Rabin in der Vorwoche formuliert habe, erklärte Rabinovich.
Israel ist jetzt bemüht, mit Hilfe Washingtons eine Zusammenkunft zwischen dem syrischen und israelischen Außenminister im Rahmen der bevorstehenden Sitzung der UN-Generalversammlung zu erreichen. Hohe Beamte des State Departments sind der Meinung, daß ein Treffen Rabins mit Assad noch vor dem Frühjahr 1995 möglich sein wird, wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein Grundsatzabkommen zwischen Syrien und Israel zur Unterschrift vorliegt.
Einstweilen muß sich Rabin jedoch gegen eine lautstarke Offensive der „Golan-Lobby“ auch in den Reihen seiner eigenen Arbeitspartei wehren, die einen Abzug Israels von den strategisch wichtigen Golanhöhen ablehnt. Die Revolte gegen die Mehrheit der Arbeitspartei wird dabei von Knessetmitglied Avigdor Kahalani geführt, einem ehemaligen Armeegeneral, der jetzt auch als stellvertretender Bürgermeister von Tel Aviv über gewissen Einfluß verfügt. Auf einer Massenkundgebung der Golan-Siedler am Wochenende in Kazrin bekräftigte er die noch im Wahlprogramm der Arbeitspartei enthaltende Formel: Frieden mit Syrien – ja, Abzug vom Golan – nein. Die Führung der Golan-Siedler trat unterdessen in einen Hungerstreik, um durchzusetzen, daß das Gesetz über die Annexion des Golan aus dem Jahre 1981 nur mit einer Zweidrittelmehrheit der Knesset aufgehoben werden darf.
Rabin verspricht jetzt, daß ein Abkommen mit Syrien anfänglich nur mit einen minimalen Rückzug im Golan verbunden sein wird, der keine Räumung von jüdischen Siedlungen vorsieht. Erst nach einer mindestens dreijährigen „Bewährungsfrist“ des Abkommens und der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen würde ein größerer Rückzug im Golan auf der Tagesordnung erscheinen.
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