Güterzugverkehr: Widerstand gegen Bahnlärm
Täglich rasseln mehr als 200 Güterzüge durch den Bremer Bahnhof. Mit dem Jade-Weser-Port werden es mehr. Dabei gäbe es eine Alternative.
Walter Ruffler ist kein Mann, der schnell klein beigibt. Als Anwohner der Roonstraße und damit der Güterbahn-Gleise am Bremer Bahnhof streitet er schon seit Jahren gegen den zunehmenden Bahnlärm. Und nun steht er, jedenfalls wenn es nach ihm geht, vor einem richtigen Durchbruch: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) könnte seinen eigenen Beschluss aufheben und die Gleisarbeiten stoppen.
Am 27. Juni 2012 hatte das OVG nämlich Rufflers Antrag auf einen Baustopp mit der Begründung abgelehnt, es gäbe „nach derzeitigem Sachstand keine ernstzunehmende Alternative“ zu einer Durchleitung der Container-Züge aus Wilhelmshaven durch den Bremer Bahnhof. 224 Güterzüge rattern da täglich schon durch, nach den Prognosen der Bahn sollen 56 hinzukommen bis 2015. Die Hälfte der Züge fährt nachts, stört also die Anwohner im Schlaf.
Bei dem Anwohner Ruffler sei „davon auszugehen, dass bereits jetzt die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschritten ist“, schrieb das Gericht in sein Urteil. Das begründe aber höchstens seinen Anspruch auf mehr Lärmschutz, nicht auf einen Verzicht auf den Ausbau der Bahnstrecke für den Jade-Weser-Port.
Nur: Gibt es wirklich keine Alternative? Im Dezember 2012, also wenige Monate nach dem Urteil, hat das niedersächsische Wirtschaftsministerium den Ausbau der Strecke Oldenburg-Osnabrück im Verkehrswegeplan offiziell angemeldet. Begründung ist der „Engpass Knoten Bremen“, der entlastet werden soll, und auch „die Belastung der Anwohner“ in Bremen durch den Lärm der Güterzüge.
Das bedeutet: Das niedersächsische Verkehrsministerium will die Alternative, von der die Bahn sagt, es gäbe keine. Auch das Argument, die Zeit dränge, zieht nicht: Derzeit fahren selten mehr als drei Züge pro Woche aus Wilhelmshaven weg, weil kaum ein Schiff anlegt. Es wird nach neueren Prognosen zehn Jahre dauern, bis der Hafen so „brummt“, wie die Bahn das für 2015 unterstellt hatte.
Wenn sich wesentliche Voraussetzungen der Rechtsfindung geändert haben, könne das Gericht beschließen, das Verfahren neu aufzurollen, sagt Anwalt Axel Adamietz: Einen entsprechenden Antrag hat er für Ruffler formuliert. Der Güterzug, der im Februar den Bremer Bahnhof lahmgelegt hat, schuf ein zusätzliches Argument: Der Jade-Weser-Port braucht mittelfristig eine zweite Bahn-Anbindung.
Der Unfall hat zudem auf ein weiteres Thema verwiesen: Verunglückt war ein veralteter Waggon der Firma Ars Altmann. Moderne Güterwaggons machen nur halb so viel Krach, sagt Walter Ruffler. Mercedes und BLG setzen längst auf die leiseren Fahrgestelle. Zum Schutze der Anwohner fordert er ein Nachtfahrverbot für die alten Krach-Waggons.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!