Guantánamo-Häftlinge in Deutschland: München will Uiguren aufnehmen
Die bayrische Landeshauptstadt erklärt sich bereit, 17 Uiguren eine neue Heimat zu geben. Doch ein Alleingang der Münchner ist unmöglich. Und China warnt vor der Aufnahme.
BERLIN taz Es ist ein Etappensieg, mehr nicht. Doch Asgar Can freut sich trotzdem. Seit langem setzt sich der stellvertretende Vorsitzende des Münchener Ausländerbeirats dafür ein, dass seine Heimatstadt einige der uigurischen Häftlinge aufnimmt, die unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba einsitzen. Am Donnerstag nun hat sich München als erste Stadt in Deutschland genau dazu bereit erklärt. Alle im Stadtrat vertretenen Parteien haben einem entsprechenden Antrag der Grünen zugestimmt. "Das ist für uns eine große Freude", sagt Can, der selbst Uigure und stellvertretender Vorsitzender des Uigurischen Weltkongresses ist.
Die 17 Uiguren, Angehörige einer muslimischen Minderheit aus China, sind seit 2002 in Guantánamo inhaftiert. Inzwischen sehen auch die USA ihre Unschuld als erwiesen an. Entlassen wurden die Häftlinge dennoch nicht. Denn unklar ist, wer die Uiguren aufnehmen soll. China sieht in ihnen Mitglieder einer separatistischen Gruppierung und will sie vor Gericht stellen. Die US-Regierung sowie Menschenrechtsgruppen befürchten allerdings, dass den Uiguren in China Misshandlung oder Folter drohen.
Gut 600 Uiguren leben in Deutschland, 500 von ihnen in München. Fast alle sind aus ihrer Heimat geflohen. "München ist die einzige Stadt in Europa, wo Uiguren so konzentriert zusammenleben", sagt Can. Deshalb sei die Aufnahme in der bayerischen Landeshauptstadt sinnvoll. "Die uigurische Gemeinde will ihnen bei der Integration helfen."
München wolle mit dem Beschluss ein "Signal" an die US-amerikanische Regierung senden, sagte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Mehr kann es auch nicht sein. Denn über die Aufnahme entscheidet die Bundesregierung. Dort aber ist eine mögliche Aufnahme von Gefangenen umstritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will eine offizielle Anfrage der US-Regierung abwarten und drängt auf eine europäische Lösung. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich - wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) - bereits gegen die Aufnahme ausgesprochen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dafür.
Offen ist, ob sich andere Kommunen dem Angebot Münchens anschließen würden. Man warte zunächst das offizielle Vorgehen des US-Regierung ab, hieß es auf eine Anfrage der taz übereinstimmend in Köln, Berlin, Hamburg und Bremen. Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) und Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatten sich aber bereits im Vorfeld gegen die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen ausgesprochen. Körting: "Solche Leute möchte ich nicht in Deutschland haben."
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