Grüner Nouripour über Bundeswehrreform: "Die Regierung hat keine Lust"
Schwarz-Gelb erkläre nicht, wozu die Bundeswehr gebraucht werde, kritisiert Omid Nouripour von den Grünen. Zudem herrschten in der Behörde weder Effizienz noch Transparenz.
taz: Herr Nouripour, werden die Reformpläne den großen Anforderungen an die Bundeswehr gerecht, oder plant die Regierung bloß eine Reform nach Kassenlage?
Omid Nouripour: Die Bundesregierung hat nach der chaotischen Zeit zu Guttenbergs gar keine Lust mehr auf diese Reform. Sie will diese nur noch als Verwaltungsakt zu Ende bringen. Das erklärt auch, warum sie immer nur über den Inhalt des Werkzeugkastens namens Bundeswehr redet. Stattdessen hätte sie vorher die Frage beantworten sollen: Wofür brauchen wir die Bundeswehr der Zukunft?
Zu Guttenberg plante mit 15.000 Freiwilligen, de Maizière rechnet nur noch mit 5.000. Passen sich die strategischen Anforderungen der Truppenstärke an - anstatt umgekehrt?
Die Zahl 5.000 nennt das Ministerium, weil es im vergangenen halben Jahr nichts dafür getan hat, Freiwillige zu gewinnen. Stattdessen schauen sich die Beamten den Istzustand an und schreiben ihn als Ziel in ihre Reformpläne. Das ist keine Steuerung, sondern bloß Verwaltung.
Genügen finanzielle Anreize, um Freiwillige in die Bundeswehr zu locken?
Bargeld steigert nicht unbedingt die Attraktivität der Armee. Vielmehr muss sie dazu beitragen, dass Familie und Beruf für Soldaten vereinbar werden. Und dass deren Karrieren besser planbar werden.
OMID NOURIPOUR, geboren 1975, ist sicherheitspolitischer Sprecher und Obmann der Grünen im Verteidigungsausschuss. Als Nachrücker von Joschka Fischer sitzt er seit 2006 im Bundestag.
Werden die Appelle, beim Bund könnten die Freiwilligen etwas "für dein Land" zu tun, verfangen?
Die Frage ist: Wer ist die Zielgruppe von Werbekampagnen? Die Bundeswehr hatte immer den Anspruch, Spiegelbild der Gesellschaft zu sein. Das ist ein hehres Ziel. Mit solchen Slogans aber erreicht man nicht alle Milieus. Und auch nicht dadurch, dass man nur in Medien der Springer-Presse wirbt.
De Maizière kritisierte jüngst öffentlich, die "Wunschzahlen" des Ministeriums passten nicht zu dessen Finanzplanung. Versprach sein Amtsvorgänger zu Guttenberg zu viel, als er ankündigte, durch die Reform werde der Bund in den nächsten Jahren 8,3 Milliarden Euro sparen?
Da verstehe ich Herrn de Maizière überhaupt nicht. Er hat ja als Bundesinnenminister selbst die Hand gehoben, als im Kabinett darüber abgestimmt worden ist: sowohl über die Gesamtgröße als auch über die Einsparziele. Wenn er nun sagt, das alles sei nicht seriös gerechnet gewesen, dann zeigt er mit einem Finger auf zu Guttenberg. Aber die restlichen vier Finger zeigen auf die Bundeskanzlerin, den Finanzminister - und auf de Maizière selbst.
Das Verteidigungsministerium soll um ein Drittel schrumpfen: Von 3.500 Mitarbeitern sollen 2.000 bleiben. Kann das klappen bei einer über viele Jahrzehnte gewachsenen und kaum durchschaubaren Behörde?
Genau wegen dieses Wildwuchses muss die Reform klappen. Die Weise-Kommission hat sehr genau beschrieben, warum das Ministerium derzeit kaum zu steuern ist. In der Behörde herrschen weder Effizienz noch Transparenz. Angst vor Chaos in diesem Haus darf seine Reform nicht verhindern.
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