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Grünen-Vorstand will UrwahlDie Basis darf ran

Eine Urwahl zur Spitzenkandidatenfrage liegt auf der Hand, sagt Parteichef Özdemir. Mit dem Beschluss bügelt der Vorstand die Idee einer Teamlösung von Göring-Eckardt ab.

Es gibt nur zwei Plätze. Auch wenn hier mal drei vorgesehen waren. Bild: dapd

Bis zuletzt hatte Katrin Göring-Eckardt auf Versöhnung gesetzt. Die Bundestagsvizepräsidentin, die auch für die evangelische Kirche arbeitet, hatte in der Diskussion um die Grünen-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl für ein Team geworben. Ein Team aus mehreren Köpfen, jung und alt, links und realpolitisch, könne die Personalfrage gütlich lösen, so die Idee der Kirchenfrau. Schließlich löse eine Urwahl über Personen bei der Basis „keine Begeisterung“ aus.

Was der Grünen-Vorstand jetzt ankündigte, ist eine Watsche für Göring-Eckardt und die Anhänger ihrer Idee. Denn das Gremium erklärte die Teamlösung am Mittwoch für erledigt. Der Vorstand werde den Delegierten des Länderrats vorschlagen, eine Urwahl durchzuführen, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir der taz. „Da es mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plätze gibt, liegt es auf der Hand, die Mitglieder darüber entscheiden zu lassen, welche beiden Personen im Bundestagswahlkampf für uns Grüne vorne stehen“.

Ganz überraschend ist diese Nachricht nicht. Denn mit der Empfehlung hält der Vorstand an seiner bisherigen Linie fest. Er hatte bereits im März entschieden, dass ein quotiertes Duo an der Spitze stehen soll - und bei Konkurrenz für die Urwahl plädiert.

Damit verdichten sich die Anzeichen, dass die 59.000 Grünen-Mitglieder in den kommenden Monaten selbst über ihre Spitzenleute abstimmen dürfen. Die endgültige Entscheidung über das Verfahren trifft jedoch ein Länderrat, der am 2. September in Berlin stattfindet. Das Bewerbertableau dürfte bereits komplett sein. Neben Göring-Eckardt haben drei weitere Parteipromis ihren Hut in den Ring geworfen: die FraktionschefInnen Jürgen Trittin und Renate Künast sowie Parteichefin Claudia Roth. Außerdem kandidieren zwei unbekannte Basis-Grüne, die chancenlos sein dürften.

Özdemir will nicht Spitzenkandidat werden

Özdemir betonte noch einmal, was er zuvor schon mehrfach erkennen ließ: Er selbst will nicht Spitzenkandidat werden. „Wir haben gute Bewerberinnen und Bewerber, ich sehe keinen Anlass, meinen Hut auch noch in den Ring zu werfen.“ Er werde im Herbst erneut als Bundesvorsitzender kandidieren. „Dieses Amt bringt viel Veranwortung und Aufgaben mit sich, die gut erfüllt sein wollen“.

Özdemir betonte, es gehe dabei um ein überzeugendes Wahlprogramm, um Schlüsselprojekte, und um eine gute Organisation des Wahlkampfs. „Und wie schon in der Vergangenheit werde ich auf den Straßen und Marktplätzen gemeinsam mit unseren Spitzenkandidaten für das bestmögliche grüne Ergebnis kämpfen“.

Bei Özdemirs Entscheidung, nicht anzutreten, dürfte auch eine Rolle spielen, dass er gegen den starken Trittin wahrscheinlich unterliegen würde. Und mehr als ein Mann ist in dem Duo nicht vorgesehen. Auch Göring-Eckardts versöhnliche Idee des Teams war nicht ganz uneigennützig. Ihr werden von Insidern in einer Kampfabstimmung gegen Roth oder Künast eher schlechte Chancen eingeräumt.

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4 Kommentare

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  • M
    mdarge

    @Rudi Dutschke, die sogenannten "Basis-Leute" sind meist grün hinter den Ohren und daher hochgradig manipulierbar. Richtig wäre es Fachpolitiker á la Kerstin Müller nach vorn zu bringen. Als ehemalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt ist sie die einzige mit Erfahrung. Trotzdem spricht vieles für Katrin Göring-Eckardt. Die Grünen sind groß geworden über den evangelischen Kirchentag. An die Tradition von Antje Vollmer gilt es anzuknüpfen. Die schweigende Mehrheit würde das begrüßen. Nur der Parteivorstand würde gerne die eigenen Kandidaten durchbringen.

  • GU
    gegen unsoziale grüne Politik von Trittin und Co

    "Rot-grüne Reformen nutzten vor allem den Reichen

     

    Die rot-grüne Regierung hat in sieben Jahren Amtszeit vor allem den reichsten Menschen des Landes geholfen. Diese These legt nun eine Studie zum Steueraufkommen nahe – mit beeindruckenden Zahlen.

     

    In den letzten Jahren sind ausgerechnet die durchschnittlichen Steuersätze der Superreichen deutlich gesunken. Das ist das Ergebnis einer Studie von Stefan Bach (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung), Giacomo Corneo und Viktor Steiner (beide Freie Universität Berlin), die demnächst im “German Economic Review” erscheint, das der traditionsreiche Verein für Socialpolitik herausgibt.

     

    Bis 1998 – also vor den Steuerreformen der rot-grünen Bundesregierung – stieg der Anteil der zu zahlenden Steuern mit wachsendem Einkommen noch relativ gleichmäßig an, zeigen Corneo, Bach und Steiner. So mussten die reichsten 50.000 Haushalte, die mindestens eine Million Mark pro Jahr verdienten, 37 Prozent zahlen. Die Allerreichsten 50 – mit jährlichen Einkommen jenseits der 100 Millionen – zahlten sogar 48 Prozent.

     

    Der Durchschnittssteuerzahler dagegen musste 12 Prozent abführen.Unter der rot-grünen Bundesregierung Gerhard Schröders änderte sich das Bild aber deutlich. Ihre Steuerreformen führten nicht nur zu einer generellen Reduzierung der Einkommensteuersätze, sondern auch zu einem Knick in der Progression.

     

    Die Superreichen wurden überproportional stark entlastet und zahlen seitdem relativ gesehen weniger Steuern. So müssen die 50 Superreichen nur noch 29 Prozent ihres Einkommens abgeben, stolze 19 Prozentpunkte weniger als zu Kanzler Kohls Zeiten. Sie zahlen damit relativ gesehen weniger als diejenigen, die zwischen einer halben und 2,5 Millionen Euro verdienen. Die nämlich haben jetzt den höchsten Durchschnittssatz: 34 Prozent. “Die Progressivität der Steuer hört beim reichsten Prozent auf”, schreiben die Forscher.

     

    Der Grund für den Knick in der Kurve: Die Reformen gaben den Superreichen einen Werkzeugkasten an legalen Steuertricks, mit dem sie ihr zu versteuerndes Einkommen massiv drücken konnten. Weil sie ihr Einkommen meistens aus unternehmerischen Tätigkeiten und nicht als Arbeitslohn beziehen, standen ihnen nun viele Schlupflöcher offen, zum Beispiel bei Leasing- und Mietgeschäften im Immobilienbereich."

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14234#h09

    Quelle: Handelsblatt

  • RD
    Rudi Dutschke

    Der "grüne" Bundesvorsitzende "Özdemir betonte (...) „Und wie schon in der Vergangenheit werde ich auf den Straßen und Marktplätzen gemeinsam mit unseren Spitzenkandidaten für das bestmögliche grüne Ergebnis kämpfen“.

     

    Grusel, grusel, da werde ich wieder einen weiten Bogen machen, wenn ich diesen neoliberalen Átlantikbrückenmann in der Hauptstadt sehe. Der Bonusmeilenmann flog ja per Hubschrauber zur Demo in Stuttgart. Dekadenter und Steuergeldverschwenderischer geht es nicht!

     

    Auch wenn ich Claudia Rothund Bilderberg - Trittin nur von weitem seh, renne ich vor Ekel weg.

     

    Wie bei den beiden Frauen Künast und Göring-Eckhard, die stets verlogen "soziale Gerechtigkeit" vortäuschen, nur um dann gemeinsam mit ihren grünen Parteifreunden die übelsten neoliberalen Gesetze durchzupeitschen.

     

     

    TRAUM:

    Hoffentlich wählt die Grünen - Basis endlich mal Basis-Leute an die Grünen-Spitze, die gegen solche antidemokratischen ruinösen Gesetze wie den ESM und den Fiskalpakt sind.

     

    - Falls es die gibt. Welche inhaltlichen Positionen vertreten denn die beiden Basis-Leute, die nun zur Wahl als Spitzenkandidaten antreten???

     

    Stellt die Basis-Kandidaten doch mal in der taz vor!

     

    Ich bin für Basis-Leute, die für die Abschaffung von Hartz IV sind und für ein existenzsicherndes Grundeinkommen für Arbeitslose, ohne diesen von Rot-Grün erfundenen herrrschenden Sanktionsterror. Die für die Abschaffung der Leiharbeit, der Minilöhne usw. sind, die von Rot - Grün durch die vollkommen falsche Agenda 2010 eingeführt wurden.Basis-leute, die gegen Kriegseinsätze wie im Kosovo und in Afghanistan eingetreten sind und die auch künftig gegen ähnliche Kriegseinsätze der bundeswehr eintreten wollen.

  • H
    Horsti

    Was machen die GRÜNEN denn, wenn mit Trittin und einem männlichen Basiskandidaten 2 Männer gewählt werden? Dann ist die Urwahl ungültig, weil die Basis keine Frau gewählt hat, oder wie?