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Grünen-Parteitag und Atompolitik"Wir brauchen keine Verräterdebatte"

Für oder gegen den Merkel-Zeitplan: Vor ihrem Sonderparteitag am Wochenende streiten die Grünen um ihr Verhältnis zur Anti-Atomkraft-Bewegung.

Eine Frage der Sichtweise: Atomdiskussion bei den Grünen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Grünen-Chefin im EU-Parlament, Rebecca Harms, hat die Anti-Atomkraft-Bewegung zum Schulterschluss mit ihrer Partei aufgefordert. "Wir brauchen keine Verräterdebatte", schreibt Harms in einem Beitrag für den Streit der Woche der sonntaz. Aktivisten und Politiker müssten jetzt einen gemeinsamen Plan fassen, um das Endlager in Gorleben zu verhindern. "Lasst uns jetzt den Erfolg besiegeln und für die noch offenen Ziele gemeinsam streiten."

Die Grünen wollen am Samstag auf einem Sonderparteitag in Berlin über ihre künftige Energiepolitik entscheiden. Die Parteispitze empfiehlt die Zustimmung zum Zeitplan von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine Abschaltung der letzten Reaktoren bis 2022 will.

Wie der Bundesvorstand der Grünen sprach sich auch Harms dafür aus, diesen Plan am Samstag in Berlin abzusegnen. In Deutschland sei eine breite politische Mehrheit nötig. Nur sie würde es ihrer Ansicht nach erschweren, die Einigung wieder aufzuschnüren.

Vertreter der Anti-Akw-Bewegung hatten die Partei davor gewarnt, Merkels Ausstiegsgesetz im Bundestag mitzutragen. Sie drohen mit einem Zerwürfnis zwischen Partei und Bewegung. Harms lebt im Wendland und war 1977 Mitbegründerin der Bürgerinitiative gegen das atomare Endlager Gorleben.

Bild: taz

Den ganzen Streit der Woche und weitere interessante Geschichten lesen Sie in der sonntaz vom 25./26. Juni 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

In der sonntaz fordert sie die Aktivisten auf, sich auf Gemeinsamkeiten zu besinnen. "Eine neue Spaltung zwischen Grünen und Anti-Atom-Bewegung an die Wand zu malen, halte ich für verantwortungslos. Die Breite des Protestes hat Merkel auf einen neuen Kurs gezwungen."

Dagegen empfahl die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Emily Büning, ihrer Partei, das Merkel Gesetz abzulehnen. Die Grünen wüssten, dass ein Ausstieg bis 2017 möglich sei und hätten es nicht nötig der Regierung hinterherzulaufen. "Sie gehören an die Seite der Anti-AKW-Bewegung", verlangt Büning. "Die Grünen setzen sich seit dreißig Jahren mit Umweltverbänden und Bewegungen dafür ein, die Atomkraft endlich abzuschalten, und haben die Regierung zum Einlenken bewegt", schreibt sie in der sonntaz. "Da dürfen sie jetzt nicht kurz vor dem Ziel klein beigeben."

Im Streit der Woche der aktuellen sonntaz schreiben außerdem Greenpeace-Chefin Brigitte Behrens, BUND-Vize Ulrike Mehl, die Sängerin Nina Hagen, der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel von den Grünen sowie die taz.de-Leser Ambrosius Theis und Peter Wallenstein.

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7 Kommentare

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  • H
    hann0s

    @ Peter Wallenstein: Löblich löblich, aber wo sitzt den Schwarz-Gelb mit den Grünen an einem Tisch? Wo werden die Grünen denn eingebunden in diese Energiewende? Über ihren Ansatz kann man streiten, aber ich sehe ja nicht einmal dieses Eingebunden werden, diesen Vorgang für die nächsten Jahre. Die Regierungsparteien haben auf Fukushima reagiert und das getan, was die Mehrheit jetzt immer lauter schreiend verlangt, ich sehe da wirklich kein größeres Konzept oder irgendwas anderes im kommen.

     

    Darum ist das nichts weiter als eine Abnickentscheidung, man kann auch Konstruktiv an diesem Wandel mitarbeiten ohne dem zuzustimmen, und sei es nur eine symbolische Enthaltung.

    Dieses zustimmen, Hop oder Top, diese Zerreisprobe die an die Wand gemalt wird, die Führung versucht nur mit Gewalt n weiteren kompromiss durchzuprügeln um der CDU zu zeigen das man Regierungsfähig ist und Kröten schlucken kann, weiter nichts.

  • N
    Norma

    @Peter Wallenstein: Die Grünen hatten schon mal Gesteltungsmöglichkeiten, in der Regierung mit der SPD. Schon da war der Atomausstieg auf eine möglichst lange Zeit festgelegt und ist mit den Stromkonzernen abgesprochen worden. Ansonsten haben sie in der ganzen Legislaturperiode nicht viel hinbekommen, mal von der Ökosteuer abgesehen, die die einfachen Arbeiter am meisten belastet hat. Jetzt reden sie sich mit Politik und Gestaltung heraus. Mit ihrer Politik siet der Regierungsbeteiligung zeigen sie nur, dass ihnen die Teilhabe an der Macht wichtiger ist, als ihre probagierten Ziele, denn sonst würden sie sich nicht in jede Richtung verbiegen, um mitspielen zu können.

  • PW
    Peter Wallenstein

    Naja - ganz so egal ist die Zustimmung/Ablehnung der Grünen nicht. Man muss die jetzige Diskussion als den Beginn eines langjährigen Prozesses begreifen. Hier stellt sich nun die Frage für die Grünen: Wollen sie konstruktiv an diesem Prozess 'Energiewende' auf parlamentarischer Ebene mitwirken oder schwenken sie auf Konfrontationskurs und geben damit Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand.

     

    Ziel der Parteien sollte es in den nächsten Jahren sein, das Machbare möglich zu machen, indem dafür parlamentarische Mehrheiten gefunden werden. DIES ist die Rolle, die für die Grünen vorgesehen ist. Den Straßenprotest sollte man der Anti-AKW-Bewegung überlassen.

  • GM
    Gosig Mus

    Völlig egal ob die Grünen zustimmen oder nicht -- die Gesetze kommen so oder so durch. Warum eine politisch irrelevante Entscheidung derart symbolisch aufladen? Sehe einfach nicht, wozu das gut sein soll.

  • H
    hann0s

    @ Torsten Bartels: Die Mehrheit für den Ausstieg ist doch in überhaupt nicht gefährdet, zur Mehrheit von Schwarz-Gelb kommen noch die Stimmen der SPD. Von daher braucht man keinen Pragmatismus zeigen und sich nicht Staatsmännisch geben, außer man lässt sich von der Presse mit diesem Geseier der "Dagegen-Partei" vor sich hertreiben und will den plöden bürgerlichen zeigen wie schön vernünftig man doch geworden ist.

  • TB
    Torsten Bartels

    Der jetzt diskutierte Weg der Bundesregierung zum Atomausstieg geht in wichtigen Punkten über das hinaus, was Rot-Grün damals erreicht hatte. Als Grünen-Anhänger der ersten Stunde bin ich dafür, dass die Grünen diesem Weg grundsätzlich zustimmen. Natürlich sollte eine Opposition immer mehr fordern, als die Regierung, und fünf Jahre früher ist weniger Atomrisiko und weniger Atommüll, keine Frage - aber seien wir doch realistisch: Das bisher Erreichte ist sehr viel und mehr ist nicht drin. Die Atomkonzerne werden sich alles, was sie über das mit Rot-Grün Verhandelte Hinausgehende weniger an Gewinn haben , sauber abgezählt bezahlen lassen - und zwar gerichtlich bestätigt. Das wird teuer!

  • H
    Hann0s

    Man darf hier immer nicht vergessen, das mehr zu diesem Atomausstieg der Regierung gehört als einfach die AKWs abzuschalten bis 2021. Es gibt ein Reserve-AKW das länger am Netz bleibt, soweit ich weiß ist auch die Sache mit den Forschungsreaktoren nicht zufriedenstellend geregelt. Bloß weil die konservativen nach 25 Jahren und 2 Super-Gaus auch schlau genug waren, das Restrisiko nicht als abstrakte Größe zu verstehen und deswegen einen Atomausstieg machen, der im Prinzip richtig, im Detail jedoch völlig falsch ist, heißt das noch lange nicht, das die Grünen, die leider noch immer mit der Anti-AKW Bewegung gleichgesetzt werden in der öffentlichen Wahrnehmung, diesem falschen Beschluss das Gütesiegel der Bewegung geben müssen.

    Meiner Meinung nach ist dies eine weitere Verbeugung in Richtung Schwarz-Grün, weiter nichts. Den Pazifismus haben die Grünen bereits aufgegeben und uns das als Anti-Fasachismus verkauft, Zeit die nächste Denkmauer im Namen der allheiligen Regierungsfähigkeit und des Pragmatismus einzureißen.