Grünen-Bürgermeister freut sich auf Opposition: "Die A 100 war unverhandelbar"

Kreuzbergs Bürgermeister verteidigt harte Linie bei den Koalitionsverhandlungen und kündigt starke Opposition gegen Rot-Schwarz an - etwa beim Thema Mieten.

Weiterbau? "Unverhandelbar", sagt Grünen-Bürgermeister Franz Schulz. Bild: dapd

taz: Herr Schulz, ist die grüne Standhaftigkeit in der Frage der A 100 entscheidender als eine grüne Mitgestaltung der Stadt?

Franz Schulz: Zuerst mal: Es war Klaus Wowereit, der die Koalitionsrunde abgesagt hat. Zum Zweiten ging es nicht nur um die A 100, sondern um die zentrale Frage, wie wir städtische Mobilität künftig gestalten wollen. Der Stopp der A 100 war ein Essential der Grünen, wie es die beitragsfreien Kita-Jahre für die SPD waren. Da sind wir auch nicht gekommen und haben gesagt: Schafft das wieder ab.

War die A 100 wirklich so wichtig? Ihr Kollege Christian Ströbele spricht von einem "wichtigen Punkt, keinem Essential".

63, seit 2006 grüner Bürgermeister in Friedrichshain-Kreuzberg. Im Fall einer Zustimmung zur A 100 drohte er, die Grünen zu verlassen.

Meiner Ansicht nach war dieser Punkt unverhandelbar. Ich denke, die Wähler wollen, dass Versprechen auch nach Wahlen eingehalten werden. Es hätte der Partei das Genick gebrochen, hätten wir hier nachgegeben. Ich habe zuletzt viele, viele Stimmen im Bezirk gehört, die gesagt haben: "Wenn ihr bei der A 100 umfallt, haben wir euch das letzte Mal gewählt!" Das habe ich in dieser Intensität in den letzten 20 Jahren nicht erlebt.

Jetzt kommt die A 100 trotzdem. Und Rot-Schwarz obendrauf.

Ob die A 100 kommt, wollen wir erst mal sehen. Es gibt ja weder Gelder im Bundeshaushalt, noch ist klar, wie die Verkehrspolitik nach der Bundestagswahl 2013 aussieht. Und die Grünen werden auch in der Opposition weiter mit den Bürgerinitiativen gegen den Weiterbau kämpfen.

Wäre das nicht absurd: Rot-Grün scheitert an einer A 100, die nie kommt?

Ebendeshalb hatte unsere Verhandlungskommission versucht, Zeit zu gewinnen in dieser Frage. Das ist misslungen.

Hat Ihr Parteiflügel, die linken Grünen, mit seinem kategorischen Nein zur A 100 und der Festlegung auf Rot-Grün vor der Wahl alles vermasselt?

In beiden Fällen war eine Klarstellung absolut richtig. Eher noch kam sie zu spät. Erst durch verunsicherte Grünen-Wähler sind die Piraten so stark geworden. Die Strategie, die Grünen in die Mitte zu rücken und ein Bündnis mit der CDU offenzuhalten, hat sich da gerächt. Ich habe das von Anfang für falsch gehalten, weil die Grünen dadurch an Profil verlieren.

Die Grünen sind nach 2001 und 2006 jetzt zum dritten Mal an der SPD gescheitert: Ist Ihre Partei regierungsuntauglich?

Alle drei Male hat für die SPD Klaus Wowereit die Verhandlungen geführt. Ich bin überzeugt, dass er nie Interesse an Rot-Grün hatte. Solange er die SPD führt, wird Rot-Grün unmöglich sein.

Also künftig Schwarz-Grün?

Nein. Aber etwa eine Koalition mit der Linkspartei darf für die Grünen kein Tabu sein. In Friedrichshain-Kreuzberg funktioniert diese Zählgemeinschaft seit Jahren.

In der Opposition sind Grüne, Linke, Piraten. Was ist von dem Linksblock zu erwarten?

Ich sehe das als große Chance, als Grüne das eigene Profil zu schärfen und aufzuzeigen, dass die SPD in der Regierung längst keine linke Politik mehr macht. Der Druck der Opposition auf Rot-Schwarz wird enorm sein. Wenn beide etwa in der Mietenpolitik so untätig bleiben, wie zu befürchten ist, werden sie es sehr, sehr schwer haben. Denn jetzt sitzen in der Opposition durchweg Parteien, die in der Lage sind, die Bürger zu mobilisieren.

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