Kommentar Berliner Grüne: Die Hybris der Grünen

Das Machtgerangel zwischen SPD und Grüne hat das Ende der Koalition gebracht. Dabei war der Streit um die Stadtautobahn nur der Schlusspunkt der Konfrontation.

Es ist noch nicht lange her, da wollten die Grünen in Berlin nicht bloß mitregieren, sondern regieren. Renate Künast erklärte vollmundig, dass sie Regierende Bürgermeisterin werden wolle, und, warum nicht?, vielleicht mal Bundeskanzlerin. Die Umfragen sahen ja glänzend aus. Und wenn Wowereit nicht wolle, dann würde Künast eben mit der CDU gestalten.

Die Grünen sind in Berlin seitdem tief gefallen, auch wegen dieses Hochmuts. Sie haben im Wahlkampf eine Kette von Fehlentscheidungen getroffen, die aufzuführen jedermanns Geduld überstrapazieren würde. Aus den beiden zentralen Fehlern lässt sich indes etwas lernen.

Die Grünen haben sich im Wahlkampf vor allem mit der SPD angelegt und außerdem die grün-schwarze Karte gespielt. Die grüne Klientel ist zwar weltanschaulich recht flexibel. Die Aussicht, die muffige Berliner CDU zum Machterwerb zu benutzen, hat sie doch verstört.

Auch wenn man den zerfaserten Wählermarkt Berlin nicht auf die Republik hochrechnen kann, zeigt dieses Scheitern: Rot-Grün kann auch anderswo entgleiten. Sozialdemokraten und Grüne haben wenig Übung darin, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Das Koch-und-Kellner-Spiel ist vorbei. Jetzt ist die SPD nur noch etwas stärker - da kommt es schnell zu einem Machtgerangel, das beiden schadet. Der rot-grüne Autobahnunfall ist jedenfalls nur Schlusspunkt einer längeren Konfrontation.

Wenn die Grünen sich nun als gesinnungsfeste Opfer des fiesen Wowereit inszenieren, ist das zu wenig. Zum einen ist ihnen sehr spät eingefallen, dass für sie alles an der A 100 hängt. Zum anderen ist nicht einsehbar, warum sie den Kompromiss, Baustopp bis 2014, ablehnen. Die Grünen sind nicht Wowereits Opfer. Sie sind das Opfer ihrer eigenen Hybris geworden.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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