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Grüne wollen keinen Streit

Nachdem die grüne Fraktionschefin Kerstin Müller erst im zweiten Wahlgang bestätigt wurde,suchen Abgeordnete nach Erklärungen: Keine Strafaktion der Linken, eher schon ein Tadel der Realos

BERLIN taz ■ Der Ort hat nicht geholfen. Die grünen Bundestagsabgeordneten hatten sich für ihre Klausurtagung in das einstige Jagdschlösschen Erich Honeckers am Werbellinsee zurückgezogen. Trotzdem, sagte ein Teilnehmer hinterher, war klar, „dass die Fraktionsvorsitzenden hier keine sozialistischen Wahlergebnisse einfahren“. Zu unzufrieden sind viele Abgeordnete mit dem Führungsduo Rezzo Schlauch/Kerstin Müller. Erwischt hat es dann am Donnerstagabend die Parteilinke Müller: Obwohl ohne Gegenkandidaten angetreten, verpasste sie im ersten Wahlgang mit 21 von 43 Stimmen die erforderliche absolute Mehrheit. Erst im zweiten Anlauf kam sie auf 28 Stimmen bei 9 Neinvoten und 4 Enthaltungen.

Eindeutige Erklärungen für Müllers schlechtes Abschneiden hatten auch die Teilnehmer der Klausur nicht. Angelika Beer zeigte sich von dem Ergebnis „überrascht“ und bemängelte „die Taktiererei“, zumal in der Generaldebatte keine Kritik an Personen laut geworden sei. „Es ist ja bei den Grünen nicht unüblich, dass man erst mal einen Strafzettel ausstellt“, sagte Beer, dies sei aber „eine Kinderei, die man sich als Regierungsfraktion nicht leisten kann“.

Claudia Roth wies den verschiedentlich geäußerten Verdacht zurück, die Parteilinke könnte ihre eigene Kandidatin für fehlende Linientreue abgestraft haben: „Das ist einfach Quatsch.“ Christian Simmert betonte, bei den Vorabsprachen der Linken habe es keine Front gegen Müller gegeben. Roth vermutete vielmehr „einen missglückten Tadel der Realos“. Andere wurden noch deutlicher: „Manche wollten, dass Rezzo mehr Stimmen bekam als Kerstin.“

Schlauch erzielte mit 32 Jastimmen ein solides Ergebnis. Er war aus Sicht der Realos auf dem letzten Grünenparteitag für sein autofreundliches Thesenpapier ungerechtfertigt abgestraft worden.

In der Debatte um den Export einer Munitionsfabrik in die Türkei wurden vor allem Tendenzen in der SPD kritisiert, die im Januar verabschiedeten Rüstungsexportrichtlinien aufzuweichen. Den Export verurteilte die Fraktion in einem Beschluss als Verstoß gegen die Richtlinien. Im Fall der Hanauer Atomanlage setzten sich Joschka Fischer und Jürgen Trittin per Mehrheitsentscheid mit der Auffassung durch, es gebe keine rechtliche Grundlage gegen den Export. Ausgiebig diskutierte die Runde dann das Thema Gentechnik mit FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher sowie Jeremy Rifkin und Jens Reich, allerdings ohne Beschlüsse zu fassen.

PATRIK SCHWARZ

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