Grüne wollen Schlupflöcher schließen: Weg mit den Raucherkneipen!
Die Grünen in Rheinland-Pfalz, NRW und Baden-Württemberg wollen schärfere Rauchergesetze. Die Gaststätten befürchten jedoch Verluste.
BERLIN taz | Es ist Welt-Nichtrauchertag. Wie jeden Tag sterben auch an diesem Dienstag 300 Menschen in Deutschland an den Folgen des Tabakkonsums. Einige von ihnen sind Passivraucher, die sich nicht auf einen "einheitlichen gesetzlichen Nichtraucherschutz verlassen können", wie Uwe Prümel-Philippsen, Sprecher des Aktionsbündnisses Nichtrauchen, kritisiert.
Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen deshalb Schlupflöcher in ihren Landesgesetzen schließen. Eine solche Hintertür ist der Raucherclub. In Nordrhein-Westfalen ist es verbreitete Praxis, dass Veranstalter und Kneipenbesitzer ihre Etablissements als "Raucherclubs" bezeichnen.
"Es ist absurd", sagt Arif Ünal, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen. "Um den Nichtraucherschutz zu umgehen, werden die Leute kostenlos Mitglied für einen Abend." Die nordrhein-westfälische Landtagsfraktion der Grünen will die Raucherclubs verbieten und setzt sich für ein absolutes Rauchverbot in geschlossenen Räumen ein. Vom Koalitionspartner gab es dazu bisher keine Rückmeldung, sagt Ünal. Ein komplettes Rauchverbot sei mit der SPD ohnehin nicht zu haben. Bis Ende Juni will er sich mit der SPD einig werden und im Zweifel einen fraktionsübergreifenden Antrag stellen.
Auch in Baden-Württemberg preschen die Grünen in Sachen Nichtraucherschutz voran: Wo der grün-rote Koalitionsvertrag mit den Worten "den Nichtraucherschutz konsequent weiterentwickeln" noch reichlich vage bleibt, konkretisiert Bärbl Mielich, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, die Pläne: So wollen die Grünen unter anderem die Unterscheidung in Ein- und Zweiraumgaststätten abschaffen, sagte sie der taz. Die ermöglichte Gaststättenbetreibern bisher, Raucher- und Nichtraucherbereiche zu schaffen. Auch Festzelte sollen in Zukunft rauchfreie Bereiche sein. Ein bundesweites Rauchverbot in der Gastronomie ist derzeit nicht geplant, allerdings will Rheinland-Pfalz eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einbringen.
Nach Ansicht des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes tragen Rauchverbote in den Ländern eine Mitschuld an der wirtschaftlichen Misere der Gaststätten: Mehr als ein Drittel der deutschen Gastwirte meldeten zwischen Oktober 2010 und März 2011 Verluste bei ihren Geschäften. Derzeit gibt es in allen Bundesländern Rauchverbote, jedoch sind diese unterschiedlich streng.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?