piwik no script img

Grüne rufen Abschleppwagen„Verwarnungen bringen ja nichts“

Die Grünen in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg wollen, dass das Ordnungsamt einen Abschleppwagen bekommt – um Falschparker umgehend vom Radweg zu holen.

Ein Knöllchen ist schnell bezahlt – da schmerzt die „Umsetzung“ (so im Amtssprech) des guten Stücks die meisten WagenhalterInnen erheblich mehr Foto: dpa
Interview von Claudius Prößer

taz: Herr Hartmann, die Grünen in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg wollen, dass das Ordnungsamt FalschparkerInnen auf Radwegen künftig direkt mit dem Abschleppwagen auf die Pelle rückt. Wie kamen Sie denn auf diese Idee?

David Hartmann: Es ist die Pflicht der Ordnungsämter, für freie Rad- und Fußwege zu sorgen, aber wir erfahren immer wieder, wie schwierig es ist, einen Abschleppwagen zügig am Einsatzort zu haben. Das dauert bis zu einer Stunde, weshalb die MitarbeiterInnen lieber Knöllchen schreiben. Davon werden die blockierten Wege aber nicht frei. Als RadfahrerInnen erleben wir das tagtäglich.

Wie soll das dann aussehen – würde dem Pkw vom Ordnungsdienst immer ein Abschleppwagen hinterherzuckeln, oder soll die Behörde selbst entsprechende Fahrzeuge erhalten?

Als kurzfristige Lösung könnte man einen privaten Abschleppdienst unter Vertrag nehmen, der mit dem Ordnungsdienst unterwegs ist und von diesem sozusagen in Echtzeit angefordert werden kann. Aber der nächste Schritt wäre tatsächlich ein bezirkseigener Abschleppdienst. Es dauert natürlich etwas länger, das aufzubauen.

Wie viele Falschparker werden denn zurzeit im Bezirk abgeschleppt?

Sehr, sehr wenige. Ich habe das einmal für die Oranienstraße in Kreuzberg abgefragt. Ergebnis: Im laufenden Jahr ist dort genau ein Auto abgeschleppt worden. Gleichzeitig wurden fast 2.000 Verwarnungen erteilt. Wie man sieht, bringt das nichts.

Bild: B'90/Grüne
Im Interview: David Hartmann

David Hartmann (30) ist Mitglied der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg. Er gehört dem Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klima und Immobilien an.

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) kann ja nur politische Forderungen beschließen. Wie wahrscheinlich ist, dass das Bezirksamt diese Forderung umsetzt?

Ich habe beim Bezirksamt bereits angefragt, ob es rechtlich möglich ist, und der für Ordnungsangelegenheiten zuständige Stadtrat Andy Hehmke (SPD) hat mir das bestätigt. So, wie ich die Debatte einschätze, denke ich, dass es auch den anderen Parteien sehr wichtig ist, schwächere VerkehrsteilnehmerInnen besser zu schützen. Insofern bin ich da sehr optimistisch.

Sie gehen davon aus, dass sich ein bezirklicher Abschleppdienst über die anfallenden Bußgelder und Gebühren selbst finanzieren kann. Aber das Problem ist doch: Wenn das Modell Erfolg hat und FalschparkerInnen abschreckt, bleibt das Geld aus.

Also das kann noch dauern, bis wir einmal soweit sind. Und aus Angst vor dem eigenen Erfolg untätig zu bleiben, wäre absurd. Jetzt ist die Situation dramatisch und jetzt müssen wir etwas unternehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • endlich. super.

    autofahrende nehmen sich auf der straße ja traditionell sehr viel raus und rücksicht gegen verletzlichere verkehrsteilnehmende ist rar.

     

    und wer jetzt meckert, weil mal geltendes recht umgesetzt werden soll, tut dies wohl eher aus eigennutz auch wenn jemand gleich schreit: "solche halteverbot-diktatur ist der untergang der zivilisation" stimmt das nicht.

  • Warum soll eine "Law and Order"-Politik bei Falschparkern funktionieren?

     

    Sind es nicht gerade Berliner Grüne, die uns immer erzählen, dass dies eben nicht funktioniert?

    Sonst hätten sie Polizisten statt "Parkläufer" an ihren Drogenbrennpunkten?

    • @Thomas_Ba_Wü:

      BaWü, komm doch gerne mal in unsere schöne Stadt und mach dir ein richtiges Bild, hm?

  • es wäre auch nett, würde ich morgens auf der karl-marx-allee zum bäcker laufen können, ohne auf dem gehweg von radfahrern über den haufen gefahren zu werden. einen vom ordnungsamt habe ich dort noch nie gesehen. einfach mal so zwischen acht und neun morgens vorbeikommen. es gäbe viel zu tun.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @matt penz:

      Welcher Radfahrer fährt denn auf der Karl-Marx-Allee, die einen separaten Radweg auf dem unglaublich breiten Bürgersteig hat, dort, wo die Fußgänger laufen?

    • @matt penz:

      Richtig, denn wieso soll es für Radfahrer OK sein, den Gehweg mitbenutzen zu MÜSSEN?

       

      Als erste Maßmahme bin ich ja dafür, im Falle eines zugeparkten Radweges stattdessen mit Hütchen eine Fahrspur abzumarkieren, damit die Radfahrer nicht über den Gehweg ausweichen müssen. Oder wenigstens allgemein mal diesen Gedanken im Kopf in jede erdenkliche Richtung umzudrehen ...

       

      Dann würde ich auch noch Zivilstreifen auf dem Fahrrad losschicken, diejenigen zu filmen, die Radfahrer auf der Fahrbahn abdrängen, schneiden, anhupen, um diese auf den Gehweg zu verdrängen.

       

      Und als Drittes würde in den Behörden, Ämtern und den beauftragten Architekturbüros denen, die für Fahrzeuge mit einem Platzbedarf von rechnerisch 2 m (inklusive Sicherheitsraum) idR bestenfalls 1,5 m auf den Plänen vorsehen, oft weniger, die bei 5 m Kurvenradius selbigen mit oft nur 1 m einplanen, den Führerschein wegnehmen, wegen mangelnder geistiger Eignung. Der Gehweg darf nicht der Raum sein, den man halt mitbenutzen muß.

       

      Viertens sollten ebenso Dornenbüsche nicht neben Radwegen gepflanzt werden, und man sollte beim Frühjahrsschnitt berücksichtigen, daß Pflanzen wachsen. Denn auch da weicht der Radfahrer nicht per Funkspruch zu Scotty auf der Enterprise auf die Fahrbahn aus, sondern eben zu Ihnen auf dem Gehweg.

       

      Etc. pp.; TL;DR: Zunächst einmal nicht versuchen, jedem Radfahrer beizubringen, daß die Fahrbahn gefährlich und der Gehweg dein Ort zum Radfahren ist.

       

      Leider hat die Verkehrsbehörde z.B hier in in HH die Einstellung, Radfahrer gehören bei mangelhaftem Radweg halt auf den Gehweg, und wenn diese das Ausnahmekapitel für Radfahrer im Physikbuch nicht finden, oder wenn überhaupt Etwas passiert, dann ist das gefälligst deren Schuld.

    • @matt penz:

      Interessanter Beitrag. Was hat er jedoch mit dem Thema zu tun?

       

      Nun wissen wir wenigstens, dass Sie es sind, der dort täglich zwischen 8 und 9 umgefahren wird.

      • @peterdermueller:

        Na ja, der Kommentar hat schon was mit dem Thema zu tun. Solange Radfahrer*innen sich immer irgendwelche Wege suchen müssen, weil die regulären nicht existieren, eben 'nur mal schnell' zugeparkt sind oder ohne Vorwarnung in einer Baugrube enden (um nur ein paar Beispiele zu nennen), solange werden auch einige Leute beschliessen, auf dem Gehweg zu fahren. Das sind meist die, die sich nicht auf die Strasse trauen. Toll ist das natürlich nicht.

        Wenn ich übrigens Matt Penz das nächste Mal sehe, werde ich einen grossen Bogen um ihn herum fahren. Versprochen.