Grüne in Mecklenburg-Vorpommern: Regieren oder wieder rausfliegen

Für die Grünen geht es bei dieser Landtagswahl um alles oder nichts. Dabei haben sie trotz schmaler Basis thematisch einiges zu bieten.

Silke Gajek steht vor einem Plakat von Jürgen Suhr

Könnte klappen: Die grünen Spitzenkandidaten Gajek und Suhr wollen wieder in den Landtag Foto: dpa

SCHWERIN taz | Opposition ist Mist – das sieht Silke Gajek ähnlich. „Das ist so frustrierend: Egal, was man macht, am Ende ist es für den Papierkorb.“ „Brauchen wir nicht, haben wir schon, machen wir doch“, heißt es von der Landesregierung, sagt sie.

Silke Gajek ist 54 Jahre alt und gemeinsam mit Jürgen Suhr SpitzenkandidatIn der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern. Die letzte Legislaturperiode war für die Grünen auch die erste: 21 Jahre hat es gedauert, bis sie 2011 erstmals mit 8,7 Prozent und sieben Sitzen in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern eingezogen sind – Fukushima war erst ein paar Monate her, der Bundestrend sehr günstig.

Es gibt Anzeichen, dass die grüne Landtagsfraktion ihre Arbeit trotz Frust ganz okay gemacht hat. Die Oppositionsarbeit der Grünen steht trotz dünnerer Personaldecke nicht hinter der der Linken zurück – egal, ob es um die Aktivitäten im Parlament oder um die öffentliche Wahrnehmung geht.

Ein ostdeutsches Flächenland ist eher schwieriges Terrain. Ganz gut steht die Partei in Städten wie Rostock und in Greifswald da, in Greifswald stellt sie seit einem Jahr sogar den Oberbürgermeister. Aber die Schicht der klassischen Grünenwähler, die urbanen Bildungsbürger, ist dünn. Mit knapp 600 Mitgliedern, zwei Drittel davon Männer, hat die Partei hier den kleinsten aller Landesverbände.

„Ich würde schon sagen, dass man hier sehr schnell sehr viel bewegen kann“, sagt Jutta Wegner. Sie arbeitet als Dozentin für das Kommunale Studieninstitut Mecklenburg-Vorpommern und ist seit 2012 Vorsitzende des Kreisverbands Mecklenburgische Seenplatte, seit 2013 Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Verkehr. Erst 2010 ist sie in die Partei eingetreten, da war sie 52 Jahre alt. Nun ist sie auf einem aussichtsreichen Listenplatz gelandet, dem siebten. Genau sieben Sitze habe die Grünen aktuell. Die letzten Umfragen sehen die Grünen bei 7 Prozent, es könnte also knapp werden für sie.

Die Grünen zogen 2011 erstmals mit sieben Sitzen in den Landtag ein

Selbstbewusst haben die Grünen ein Programm aufgestellt, aus dem die grünen Kernthemen Verkehr, Energie, Landwirtschaft, Bildung und Ökologie zwar herausstechen, das aber auch auf eigene Konzepte im Sozialbereich oder bei Wirtschaftsthemen verweist. „Einen beachtlichen Qualitätssprung“, nennt der Rostocker Politikwissenschaftler Martin Koschkar das. „Wenn man den grünen Abgeordneten beim Reden zuhört, klingt da mittlerweile ein ganz anderes Selbstverständnis als noch vor fünf Jahren heraus. Die trauen sich jetzt auch das Regieren zu.“

Wenn nur das Personalproblem nicht wäre: Ministrabel sei allenfalls Jürgen Suhr, heißt es aus Kreisen der Landesregierung. Silke Gajek, die andere Spitzenkandidatin, ist manchen zuweilen zu schnodderig. „Ich lasse mich nicht gerne von anderen bestimmen“, sagt diese. Die Abhängigkeit vom „Landespapi“, wie sie Erwin Sellering nennt, und der „lahmen Landesregierung“ sei „auf Dauer frustrierend“.

Glaubt man der letzten Wahlumfrage, dann läge eine rot-rot-grüne Koalition im Bereich des Möglichen. Das Linksbündnis wäre für Erwin Sellering eine Möglichkeit, den Machterhalt zu sichern. „Gespräche würden dann auf jeden Fall geführt“, sagt Martin Koschkar. Aber bei den Grünen gebe es durchaus Vorbehalte, vor allem gegenüber den Linken. Damit müsste sich auch Silke Gajek, die vor der Wende im Neuen Forum aktiv war, erst mal arrangieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.