Grüne für nachhaltiges Quartier: Eine Quote für die Mitte
Die Grünen-Fraktion des Beirats Östliche Vorstadt fordert, Teile des Hulsberg-Viertels an Baugruppen zu verkaufen.
Nächstes Jahr soll der Bebauungsplan für das neue Hulsberg-Viertel auf dem Gelände des Klinikums Bremen-Mitte erstellt werden. Nachhaltig und sozial gemischt soll das neue Quartier werden, autoarm und mit gemeinschaftlichen Wohnformen für Jung und Alt. Für die Mischung sollen unterschiedliche Bauformen und ein festes Kontingent von Sozialwohnungen sorgen – und damit der Rest nicht ausschließlich von Immobilienfirmen hochpreisig bebaut wird, fordert die Grünen-Fraktion des Beirates Östliche Vorstadt, 20 Prozent der Grundstücke an Baugruppen zu vergeben.
Diese Idee war bereits Thema in den Bürgerforen, die einen großen Anteil an den Planungen des Viertels hatten, und auch der grüne Bausenator Joachim Lohse sagte, „alternative gemeinschaftliche Wohnformen“ sollten in der Wohnbauförderung Bremens Berücksichtigung finden. „Aber das war nur eine Blume in einem riesigen Strauß“, sagt Beiratssprecher Peter Rüdel. Lediglich unabhängige Bürgerinis wie die Gruppe „hulsberg und tal“ forderten nachdrücklich auch die Unterstützung von Baugemeinschaften.
„In Städten wie Stuttgart oder Hamburg ist das bereits der Fall“, sagt Rüdel. Er und seine FraktionskollegInnen haben sich in Hamburg-Wilhelmsburg ein Bild von diesem Bau- und Wohnkonzept gemacht, das in Bremen noch weitestgehend unbekannt ist: „Bauträger sind hier die Menschen, die das Haus auch bewohnen werden – sie kaufen also keine fertige Immobilie, sondern planen sie von Anfang an selbst.“ Sie verpflichten sich, nachhaltig und ökologisch zu bauen und: „Vermietet oder verkauft werden darf nur, wenn das von vornherein Teil des Konzepts ist.“ Nur Menschen, die sich für ein lebendiges, gemischtes Viertel mit funktionierenden Nachbarschaften engagierten, kämen für ein solches Projekt in Frage: „Und das hat eine hohe integrative Wirkung.“
Die Planungsphase für ein solches Mehrparteien-Haus dauert seine Zeit: „Eine Baugruppe muss sich erst einmal finden, kennenlernen und herausbekommen, ob sie überhaupt zusammenpasst.“ Dabei geht es auch um die finanziellen Möglichkeiten der Bau-InteressentInnen: „Das Konzept ist für Menschen gedacht, die zur Mittelschicht gehören, aber nicht das große Geld haben“, sagt Rüdel. „Nicht groß“ meint hier: selbstverständlich mehr als die Menschen mit einem Anspruch auf geförderten Wohnraum, aber auch nicht so viel wie diejenigen, die sich Luxus-Eigentumswohnungen oder Mieten von 12 Euro und mehr pro Quadratmeter leisten können. „Ein weiterer Vorteil“, sagt Beiratsmitglied Steffen Eilers, „ist die Möglichkeit, innovativ und kreativ zu bauen – es entstehen keine Geisterstädte wie der Teerhof oder die Überseestadt.“
Hamburg unterstützt Baugruppen mit ausgewiesenen Flächen und einer „Agentur für Baugemeinschaften“ als Teil der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Dort werden Beratungen angeboten, die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt hat auf deren Online-Portal ein umfassendes Info-Papier gestellt, und dort können auch Baugruppen inserieren, die MitstreiterInnen suchen.
„Genau das wollen wir auch für Bremen“, sagt Rüdel. Um Geld gehe es dabei nicht, „sondern um den Zugriff auf Know-how, zum Beispiel durch Info-Tage der Gesellschaft Grundstücksentwicklung Klinikum Mitte und um die 20-Prozent-Quote, denn aufgrund der langen Planungsphase befinden sich Baugruppen ganz klar im Nachteil gegenüber normalen Investoren“.
Auch die Kriterien für die Vergabe sollen klar festgelegt werden, damit der Anspruch der nachhaltigen Wohnform garantiert werden kann. „Es gibt in Bremen ganz klar einen politischen Konsens dafür – jetzt brauchen wir aber auch verbindliche Beschlüsse“, sagt Rüdel.
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