Grüne für Flüchtlinge: Gipfel der Einigkeit

Für Flüchtlinge und gegen den G-20-Gipfel: Hamburgs Grüne haben es so leicht wie selten, sich mal nicht zu streiten. Und bekommen Beistand von ganz oben.

Die Berliner Koalition? „Eine Vollkatastrophe!“ Katharina Fegebank vor grüner Basis. Foto: Bodo Marks/dpa

Manchmal ist es ganz einfach, ein guter Mensch zu sein. Wenn man wortreich sein Herz für Flüchtlinge öffnen kann – und zugleich auf Feindbilder einprügeln: Auf die Große Koalition in Berlin zum Beispiel, auf CSU-Chef Horst Seehofer und vielleicht noch auf den eigenen Hamburger Koalitionspartner gleich mit. Den Grünen gelang das auf ihrer Landesmitgliederversammlung (LMV) am Samstag mit schwungvoller Einigkeit. Geschlossen lehnte die Partei da Obergrenzen für Flüchtlinge ab: „Wir reden nicht von Asylmissbrauch“, hieß es im Leitantrag des Landesvorstands, „auch dann nicht, wenn wir wissen, dass die derzeitige Rechtslage für eine Reihe von Menschen keinen Ansatzpunkt für ein Aufenthaltsrecht gibt.“

„Unsinnige Vorstöße“

Die CDU-SPD-Koalition in Berlin sei „eine Vollkatastrophe“, erklärte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank: „Sie verwendet nicht einmal halb so viele Gedanken auf die Integration von Flüchtlingen wie auf ständig neue Asylrechtsverschärfungen.“ Das von Union und SPD ausgehandelte Asylpaket II lehnen die Hamburger Grünen deshalb geschlossen ab. Und die immer neuen „unsinnigen, verfassungswidrigen und populistischen Vorstöße von Horst Seehofer“, gingen ihnen nur noch auf den Geist, sagte Landesparteichefin Anna Gallina.

Und doch wird es kompliziert, wenn hehre Worte auf den schnöden Alltag des Regierens mit der SPD eines Olaf Scholz treffen: Während der Erste Bürgermeister findet, man müsse „auch mal einen Zaun um Europa bauen dürfen“ (siehe Meldung links), lehnen die Grünen eine „Festung Europa“ ab. Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Hamburg kämen, müsse der Maßstab sein, sagte Fegebank. Die Alternative dazu wären geschlossene Grenzen oder Obdachlosigkeit, also beides keine Option. „Wir planen Unterkünfte in Hamburg so klein und dezentral wie möglich“, sagte Fegebank, und wiederholte einschränkend, die Betonung liege auf „wie möglich“.

Vor einem Volksentscheid über die Unterbringung von Flüchtlingen warnte Anjes Tjarks, Fraktionschef in der Bürgerschaft. Ein solches Referendum, wie es die vereinigten Bürgerinitiativen gegen große Flüchtlingsunterkünfte erreichen wollen, könnte „die gesellschaftliche Atmosphäre in Hamburg vergiften“, warnte er.

„Eine Unterwanderung des Asylrechts“

Für all das gab es Beistand sozusagen auch von oben: Klar gegen Obergrenzen beim Flüchtlingszuzug sprach sich als Gastredner Hamburgs katholischer Erzbischof Stefan Heße aus. Dann auch noch nordafrikanische Staaten als „sichere Herkunftsländer“ zu deklarieren, das nannte Heße, der auch Flüchtlingsbeauftragter seiner Kirche ist, „eine Unterwanderung des Asylrechts“. Er rief dazu auf, „einen kulturellen Dialog zu führen“. Die Frage sei: „Wer integriert wen in was?“ Da war grüner Applaus ihm sicher.

Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin

„Wir planen Unterkünfte in Hamburg so klein und de-zentral wie möglich“

Dem im kommenden Jahr in Hamburg geplanten G20-Gipfel sehen die Grünen mit Unbehagen entgegen. Während des Treffens der Staats- und Regierungschefs dürfe die Stadt „nicht zur Festung werden“, Demonstrationen müssten möglich bleiben. „Wir wollen, dass das öffentliche Leben von dem Gipfel möglichst wenig beeinträchtigt wird“, lautet ein Beschluss. Außerdem verlangen die Grünen, dass G-20-Kritiker gleichzeitig das Abhalten eines Gegen-Gipfels möglich sein soll.

Enttäuschend war allenfalls die Beteiligung: Gut 100 der rund 1.600 Parteimitglieder hatten den Weg in die Berufliche Medienschule Wandsbek gefunden. Aber es war ja auch kaum Strittiges zu erwarten: Für Flüchtlinge und gegen G-20 – so einig waren sich Hamburgs Grüne lange nicht mehr.

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