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Grüne fordert neues Pfandsystem„Einiges ist nur über Geld zu regeln“

„Dosenpfand-Minister ist kein Schimpfwort“, meint die Grüne Dorothea Steiner. Zehn Jahre nach der Einführung des Dosenpfands warnt sie vor der Büchsenlobby.

Sammlerwert: Leichtmetalldose. Bild: dpa
Heike Holdinghausen
Interview von Heike Holdinghausen

taz: Frau Steiner, wenn man Ihren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin beschimpfen will, dann nennt man ihn den „Dosenpfand-Minister“. Hat das Gesetz das verdient?

Dorothea Steiner: Das hat das Gesetz nicht verdient, und inzwischen betrachtet das doch auch niemand mehr als Schimpfwort. Es sind sich alle einig, dass das Gesetz zum Erfolg geführt hat. Von acht Milliarden Dosen, die bis 2003 abgesetzt worden sind, sind wir 2004 auf 350.000 Dosen runtergegangen. Inzwischen sind es wieder etwas mehr, aber die Bilanz ist auf jeden Fall positiv.

Das Dosenpfand hat letztlich dazu geführt, dass mehr Einwegflaschen verkauft werden. Ist das wirklich positiv?

Eigentlich hatte das Dosenpfand zwei Ziele: Dafür zu sorgen, dass die Landschaft nicht weiter mit Dosen verschandelt wird und Ressourcen, etwa Leichtmetall, eingespart werden. Und als Zweites, das Mehrwegsystem zu befördern. Das erste Ziel hat das Pfand klar erreicht, das zweite nicht, Mehrweg ist stark bedroht.

Unter bestimmten Voraussetzungen sind Einwegflaschen ökologisch sogar sinnvoller als Mehrwegflaschen. Warum wollen sie Letztere trotzdem stützen?

Zunächst einmal: Regionale Mehrwegsysteme sind Einwegflaschen in der Regel überlegen. Aber es geht nicht nur um ökologische Fragen. Einwegflaschen aus Kunststoff sind im Interesse der großen Konzerne und Abfüller, weil sie sich leicht global verkaufen lassen. Man kann sie über weite Strecken transportieren und braucht keine Sammelsysteme. Mehrweg hingegen begünstigen die regionalen Kreisläufe, in die vor allem mittelständische Unternehmen eingebunden sind.

Also geht es Ihnen vor allem um Marktstrukturen?

Natürlich, es geht auch um mittelständische Strukturen, die wir erhalten wollen, wir sind ja nicht die Partei des Großkapitals. Aber darum geht es nicht nur. Die überragenden Recyclingquoten bei Kunststoffverpackungen sind doch ein Mythos: Ein großer Teil geht in die energetische Verwertung, wird also verbrannt. Das wollen wir eindämmen.

dpa
Im Interview: Dorothea Steiner

ist umweltpolitische Sprecherin der Grünen und Mitglied des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Der Wahlkreis der 64-Jährigen liegt in der niedersächsischen Universitätsstadt Osnabrück.

Und wie?

Als Erstes muss man das System wieder stärker vereinheitlichen, es macht keinen Sinn, das Saftflaschen anders behandelt werden als Limonadeflaschen. Einiges kann man aber nur über Geld regeln. Entweder müssen wir eine Abgabe auf Einwegflaschen erheben, die der Kunde nicht zurückbekommt. Oder wir müssen das Pfand erhöhen. Das werden wir diskutieren.

Bundesumweltminister Peter Altmaier will das Problem lösen, indem er die Verpackungen besser kennzeichnet…

Super! Das fordern wir doch schon lange. Anhand der Kennzeichnungen können die Verbraucher doch kaum erkennen, ob sie eine Pfandflasche kaufen oder nicht. Außerdem müssen wir den Kampagnen der Dosenlobby etwas entgegensetzen. Die behauptet mithilfe von Pseudostudien, dass Dosen grün seien, um ihr Produkt wieder stärker in den Markt zu bringen. Das stimmt aber gar nicht. Um Dosen herzustellen, wird viel Energie verbraucht, und Einwegverpackungen sind immer eine Ressourcenverschwendung.

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11 Kommentare

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  • H
    horst

    ich habe während der einführung des pfands in einer shell-tankstelle gearbeitet.

     

    ohne pfand hatten wir becks, faxe, warsteiner, löwenbräu etc. und kein einziges regionales bier.

     

    nach einführung des pfands hatten wir plötzlich schwarzbräu, riegele, könig ludwig und nur noch ein einziges überregionales bier (becks).

     

    da erklärt sich was am pfand gut war. die kleinen brauereien sind heute noch herrn trittin dankbar.

     

    PS: wo komme ich her?

  • SS
    sonja sonnenblume

    HAHAHA: "Wir sind ja nicht die Partei des Großkapitals"

     

    Komisch, die Grünen machen aber ständig Politik im Interesse des Großkapitals. Siehe ihre Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt zugunsten der Banken, Hedgefonds und Versicherungen. Siehe ihre idiotische Riester-Versicherungspolitik, bei der sich die Versicherungsbranche auf Staats- und VerbraucherInnenkosten eine goldene Nase verdient. Während die Grünen mit der SPD zusammen die gesetzliche Rentenversicherung nachhaltig beschädigt haben. Was wiederum zu enormer Altersarmiut führt.

     

    Ebenso wie die rot-grüne Arbeitsmarkt-Deregulierungspolitik im Sinne der Arbeitgeber. Die rot-grünen Agenda 2010- und Hartz Iv- Gestze haben zu Niedriglöhnen und damit zu höheren Gewinnen des Großkapitals geführt.

     

    Usw. usw. Die Beispiele sind schier unendlich...

  • P
    petrakelly

    Das Dosenpfand ist wohl noch das Beste von dem Müll, den die neoliberale grüne Flasche Trittin insgesamt mit in Gesetzesform gegossen hat.

  • D
    D.J.

    Also fassen wir mal zusammen: Ein verschärfter Dosenpfand soll v.a. auch eine protektionistische Maßnahme sein. Wenn das mal nicht Ärger mit der EU gibt (und hier völlig zu Recht). Aber ich wundere mich bei den Grünen schon lange über gar nichts mehr. Wie kommen solche Leute nur auf zweistellige Wahlergebnisse?

  • F
    Falmine

    Einwegflaschen (auch mit Pfand) sind keineswegs nur im Interesse großer Konzerne, sondern genauso im Interesse körperlich schwächerer und/oder mobilitätseingeschränkter Menschen! Das habe ich bereits bei Einführung der Pfandsysteme Minister Trittin im Umweltministerium gesagt - leider ohne Reaktion.

    Zehn Jahre später kommt die nächste Grüne und meint, einfach daran anknüpfen zu können. Ohne Rücksicht auf ganze Bevölkerungsgruppen. Diese Partikularsicht finde ich trostlos! Natürlich können sich diese Menschen Glasflaschen bringen lassen - es geht jedoch darum, solange wie möglich selbständig zu bleiben!

    Ich fordere von den Grünen, dass sie jedes Problem ganzheitlich beleuchten und nicht einfach Menschen, die nicht in ihr schönes Programm passen, einfach aussperren. Das ist weder Integration noch Inklusion!

  • PG
    Paul Gerhardt

    Also ich hasse die Grünen ja wie die Pest (wegen Multikulti) , aber das Pfand ist wirklich gut! Ich finde sogar, dass auf viel mehr Dinge ein Pfand erhoben werden sollte. Warum nicht Sekundärrohstoffannahmeszellen wie damals in der DDR? Die Kinder könnten sich etwas Geld verdienen und diese beschissene Werbung, die immer tonnenweise in den Hausfluren rumliegt, wäre gut entsorgt. Oder Pfand auf Zahnpastatuben...wenn es nur 20 Cent sind- da lohnt sich das Sammeln und man würde das Zeugs zurück bringen.

  • DA
    der alte Fritz

    auf Einweg gehört eine Abgabe, die der Käufer nicht erstattet bekommt.

    Eine bessere Kennzeichnung nutzt gar nichts, weil es den meisten Kunden die Umwelt schnurzpiepegal ist.

  • H
    hackman3

    Fakt ist auch, seit Einführung des Dosenpfands sind die Radl- und Gehwege voller Glasscherben. Man sollte auch den Flaschpfand auf 25 Cent erhöhen. Und warum Weinflaschen pfandfrei sind, ist auch völlig schleierhaft.

  • M
    Mauermer

    Typisch unreflektiert, ideologisch und nicht zielführend.

    1) Mehrwegflaschen müssen zurück transportiert, gereinigt und sterlisiert werden. Wo da der Vorteil sein soll, erschließt sich mir nicht.

    2) Die energetische Verwertung von Kunststoffabfällen ist bereits eine Zweitverwertung, die Rohölimporte einspart. Wo liegt der Vorteil, wenn Müllheizkraftwerke Kunststoffrecyclate vom DSD kaufen müssen, damit der mehrfach sortierte Müll überhaupt verbrannt werden kann? Ohne Aussortieren ergäbe der Kunststoffanteil genau den Heizwert, der zu einer Verbrennung fehlt. Aber, das DSD könnte nichts daran verdienen, dass 80 Mio Bürger unfreiwillig und kostenlos Sortierarbeit leisten! Noch dazu wird der Müll unter hohem Verbrauch von Dieselkraftstoff quer durch die Republik gefahren, um eine "optimale" Verarbeitung zu ermöglichen....Die Behauptung, Mehrweg sei überlegen, läßt sich nur unter Mißachtung etlicher Kosten und Umweltauswirkungen aufrecht erhalten. Der Beweis konnte bisher nicht geführt werden.

     

    Trotzdem: Ein Pfandsystem hilft, die Abfälle gezielt aus der Landschaft zu halten. Daher: Pfand ja, Mehrweg nein!

     

    Es könnte generell helfen, wenn Grüne mal einfach naturwissenschaftliche Grundlagen zur Entscheidungsfindung nutzen würden statt nebelhafter, aber dafür fantasievoller Vorstellungen von Ursache und Wirkung.

  • EL
    Ernst Lehmann

    Will man einer Diskussion ausweichen, schimpft man seit neustens einfach auf die "Lobby"...

    Villeicht sollten die Grünen mal reinen Tisch machen bezüglich Ihren Verwicklungen mit der Dämmstoff- Solar und Windanlagenlobby, hier fliessen die Parteispenden reichlich und ungeniert...

  • P
    Pöterchen

    Was ist eigentlich schlimmer, politisch Bockmist zu bauen, oder daraus nichts zu lernen?

    Will diese Frau uns jetzt ernsthaft erklären, die Verbraucher könnten im Landen nicht zwischen Einweg- und Mehrwegflaschen unterscheiden, und DIES sei der Grund für den Einbruch der Mehrwegquote??? Für wie dumm hält uns diese Politik eigentlich? Es fällt schwer, in diesem gruseligen Interview auch nur einen einzigen zustimmungsfähigen Satz zu entdecken.