Grüne Nominierung für Landtagswahl: Werner Graf nur zweite Wahl
Weil Bettina Jarasch Reala ist, nominieren die Berliner Grünen einen linken Mann zum Spitzenkandidaten. Der chancenreichere Kandidat hatte abgesagt.
O b es sich Daniel Wesener anders überlegt hätte, hätte er gewusst, dass sich die Grünen für einen Mann entscheiden würden? Hätte der über die Parteiflügel und auch die Parteigrenzen hinweg geschätzte Exfinanzsenator dann seinen Hut in den Ring geworfen?
Hätte er, wäre er zumindest die erste Wahl gewesen.
Doch Daniel Wesener hat nicht. Statt mit dem wohl aussichtsreichsten Kandidaten für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2026 gehen die Berliner Grünen nun mit dem Co-Fraktionsvorsitzenden Werner Graf ins Rennen.
Überraschend ist die Personalie, die der Landesvorstand am Montagabend den grünen Mitgliedern mitgeteilt hat, allemal. Bisher galt das eherne Gesetz, dass die Landesliste von einer Frau angeführt werden muss. Doch die Kandidatinnen des linken Flügels, Lisa Paus und Antje Kapek, hatten abgesagt.
Die einzige Frau, die blieb, war die Reala Bettina Jarasch. Linker Mann schlägt realpolitische Frau? Dies zu entscheiden, war nicht das einzige Dilemma des Landesvorstands.
Wenig charismatisch
Denn, dass Werner Graf im Wahlkampf mehr Stimmen ziehen kann als Bettina Jarasch, ist keineswegs ausgemacht. Anders als Jarasch oder auch Wesener hat Graf keine Regierungserfahrung. Dass er charismatisch sein kann, muss er auch erst noch beweisen.
Stimmt der Parteitag im November zu, gehen die Grünen also mit der zweiten Wahl in den Wahlkampf. Ein Malus, sicher.
Aber auch Linke und SPD werden ohne Glamour und Charisma auskommen müssen. Die Linke, zuletzt in Umfragen vor Grünen und SPD, wird wohl auf Katja Kipping, die Exsozialsenatorin verzichten müssen.
Und bei der SPD deutet derzeit viel auf den Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh hin.
So bleibt Kai Wegner das Gesicht der Regierung. Ein Gesicht eines rot-grün-roten Bündnisses gibt es noch nicht.
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