Großflughafen BBI: Klimawandel erreicht Flugroutendebatte
Die Diskussion über die Abflüge vom Schönefelder Flughafen hat sich versachlicht. Flugsicherung will nun Alternativen prüfen
Im Streit über die künftige Flugrouten ab Schönefeld will die Deutsche Flugsicherung (DFS) Alternativvorschläge prüfen. Er sei zuversichtlich, dass ein Kompromiss bis Mitte dieses Jahres gefunden werden könne, sagte am Montag der Berliner DFS-Niederlassungsleiter, Hans Niebergall. Erstmals seit Monaten war seine Behörde bei einer Sitzung der Fluglärmkommission in Schönefeld dabei und stellte sich hinterher den Fragen von Medien und Bürgerinitiativen.
Niebergalls Erscheinen verdeutlichte auch, dass sich der Streit versachlicht: War die vorige Sitzung des Gremiums noch vorzeitig und nach erbittertem Zwist aufgelöst worden, sprach die neue Vorsitzende Kathrin Schneider nun von einem "insgesamt guten Weg", den die Kommission eingeschlagen habe.
Seit die DFS Anfang September einen Routenvorschlag vorgestellt hatte, mit dem weitaus mehr Menschen im Berliner Südwesten von Fluglärm betroffen wären als bis dahin erwartet, gehen Bürger auf die Barrikaden. Nun soll die DFS bis zur nächsten Sitzung am 14. Februar prüfen, wie viele Menschen wie stark von alternativen Abflugwegen ab dem künftigen Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) betroffen wären. So würden für den Westen Routen untersucht, die nach dem Start jeweils um 7,5 und 15 Grad nach Norden oder Süden abknicken. Für den Osten würden 15-Grad-Winkel geprüft, sagte Schneider. BBI soll 2012 eröffnen.
Die Flugzeuge müssen abknicken, weil sie auf beiden Start-und-Lande-Bahnen unabhängig voneinander parallel abheben können sollen. Die Flughafengesellschaft beharrt auf diesen Startmöglichkeiten in Spitzenzeiten, um die Kapazität des BBI voll auszuschöpfen. DFS-Mitarbeiter deuteten indes an, dass tagsüber verschiedene Modelle womöglich gar nicht ausdifferenziert werden könnten - was bei Bürgern auf massiven Protest stieß. "Nur weil der Flughafenchef ein oder zwei Stunden am Tag zeitgleich starten will, müssen wir permanenten Lärm ertragen", kritisierte die Bohnsdorferin Christine Dorn, stellvertretende Vorsitzende der Initiative VuV.
Die endgültigen Routen dürften erst kurz vor Eröffnung des Flughafens vorliegen. Wer dann außerhalb des Flugkorridors liegt, kann trotzdem nicht endgültig aufatmen: Routen könnten geändert werden, stellte DFS-Niederlassungsleiter Niebergall klar. Seine Behörde erfülle lediglich einen gesetzlichen Auftrag, der auf eine flüssige Verkehrsabwicklung abziele.
Entsprechend zurückhaltend äußerten sich Bürgervertreter. Immerhin würden nun Alternativen gleichberechtigt geprüft, sagte die Vorsitzende der Initiative "Keine Flugrouten über Berlin", Marela Bone-Winkel. "Besänftigt sind wir deswegen noch nicht, der Protest geht weiter." Für Sonntag haben Bürgerinitiativen zu einer Kundgebung am Flughafen Schönefeld aufgerufen.
Wie laut wird es durch die neuen Flugrouten über Ihrem Haus? Die Antwort gibt es unter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin