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Große Kraftwerke werden bevorteiltÖkostrom lohnt sich für Konzerne

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird novelliert. Zum Ärger der kleinen Ökostromanbieter werden die großen Anlagen der Energiekonzerne bevorzugt.

Die Subventionen für Windräder an Land sollen drastich herunter gefahren werden. Bild: ap

BERLIN taz | Ökostromanbieter kritisieren die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die die Regierung am Montag im Kabinett beraten will. Für Unmut sorgt vor allem, dass die Förderung künftig die größeren Kraftwerke noch stärker bevorzugen soll, die meist von den etablierten Energiekonzernen errichtet werden.

So wird bei der dezentralsten aller erneuerbaren Energiequellen, der Sonne, am meisten gekürzt. Kleine Solarstromanlagen mit weniger als 30 Kilowatt installierter Leistung sollen künftig sogar auf maximal 70 Prozent ihrer Spitzenleistung begrenzt werden, um die Netze nicht zu überlasten.

"Nach unseren Simulationen können dann Ertragsverluste zwischen drei und acht Prozent auftreten", kritisiert Ralf Haselhuhn von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie. Zudem ist die Vergütung degressiv angelegt: Sie wird für Neuanlagen je nach Marktentwicklung rapide sinken.

Die Fotovoltaik wird häufig immer noch als teure Energie gescholten - doch eine mitunter deutlich teurere Energie soll sogar noch mehr Geld erhalten: die Geothermie, die üblicherweise das Metier kapitalkräftiger Unternehmen ist. Der Geothermie-Strom, der bisher mit zumeist 23 Cent bedacht wurde, soll künftig sogar mit 25 Cent vergütet werden.

Teuerster Part: Geothermie

Damit bekommt ein Erdwärmekraftwerk in Zukunft mehr für die Kilowattstunde als manche Solarstromanlage. Und weil die Geothermie im Unterschied zur Fotovoltaik bislang keine Fortschritte bei der Preisreduzierung vorweisen kann, wird sie bereits in Kürze den teuersten Part im erneuerbaren Energiemix übernehmen.

Auch bei der Bioenergie werden künftig Großanlagen bevorzugt. Gleiches war ursprünglich bei der Windkraft geplant: So sollte die Vergütung für die Offshore-Windkraft, die meist von den großen Energiekonzernen errichtet werden, nochmals deutlich aufgestockt werden. Neue Anlagen sollten nach dem Referentenentwurf eine Anfangsvergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde (bisher: 15 Cent) erhalten.

Windräder an Land, die hingegen häufig von Bürgern finanziert werden, sollten statt bisher 9,2 nur noch 8,73 Cent bekommen. Entsprechend deutlich reagierte der Bundesverband Windenergie: "Es ist energiepolitisch höchst gefährlich, mit der Windenergie an Land gerade die kostengünstigste und wichtigste erneuerbare Energiequelle auszubremsen."

Keine Benachteiligung der Windkraft an Land

So sahen es auch die Länder: Bei einem Treffen mit der Bundesregierung konnten sie am Freitag erreichen, dass die Benachteiligung der Windkraft an Land gegenüber den Offshore-Anlagen beseitigt wird.

Die Novelle hat jedoch nicht nur Tücken bei den Fördersätzen. Auch die Lieferung des Ökostroms wird im Referentenentwurf neu geregelt - und den Ökostromanbietern damit das Leben erschwert. Die Naturstrom AG, Greenpeace Energy und die Elektrizitätswerke Schönau protestierten mit einer gemeinsamen Stellungnahme.

Ihr Hauptkritikpunkt: Bisher durften sie vor allem Strom aus Wasserkraft liefern, die verlässlich planbar ist. Jetzt sollen sie jeden Monat mindestens 25 Prozent des verkauften Stroms durch fluktuierende Quellen wie Windkraft oder Fotovoltaik decken.

Um dies zu gewährleisten, "müsste permanent ein Vielfaches des benötigten Stroms eingekauft werden, um beispielsweise auch in schwachen Windmonaten die Quote zu erfüllen", kritisiert Oliver Hummel von Naturstrom.

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9 Kommentare

 / 
  • JK
    Just K.

    Das mit den Geothermieanlagen stimmt so nicht ganz. Die wenigen derzeit betriebenen Anlagen befinden sich im Besitz kleinerer EVUs oder der Kommunen (z.B. Unterhaching bei München). Der Vorteil der Geothermie liegt in der Grundlastfähigkeit (unabhängig von Wetter und Tages- oder Jahreszeit). Zudem wird in der Regel auch noch die Wärme für Fernwärmenetze zum Heizen & Warmwasser genutzt. Die Mischung macht's.

  • F
    Friedemann

    Es war zu erwarten, das die Schwarz-Geld Regierung das EEG in seiner bisherigen Form kippt. Denn es war von vorneherein auf eine dezentrale, lokale Erzeugung von Energie angelegt und hätte damit für mehr Transparenz, Teilnahme und Gerechtigkeit gesorgt.

    Da die vier Großkonzerne einschließlich der beteiligten Banken und Versicherungen diesen Verlust von Profit, Macht und Einfluss jedoch nicht wollen, kriegen wir auch nicht mehr lokale Selbstbestimmung. Die alten zentralistischen Strukturen müssen für eine sichere Herrschaft des Kapitals erhalten bleiben.

    Schwarz-Geld ist nur einmal mehr dessen Handlanger bei der Sicherung der globalen Herrschaft.

  • HJ
    Hein Jo

    Die Lage könnten aber doch alle privaten deutschen Stromkundinnen und kunden großteils sehr leicht ändern, indem sie alle zu echten Ökostromanbietern wechseln, insbesondere EWS, Greenpeace-Energy und Naturstrom . Die würden dann selbst zu großen, aber das wäre doch eigtl. nicht ganz so schlecht, zumindest wenn der Staat überteuerten Preisen einen Riegel vorschiebt (was ja möglich wäre).

     

    Hinzu kommt, dass manche Standorte eben für Wind- oder Solarenergie deutlich viel effizienter sind, als andere (weil viel mehr Wind oder Sonne), so dass für eine schnelle Energiewende an solchen eben auch mal ein größerer Windpark oder ein größeres Solarkraftwerk stehen kann - z.B. Windparks vor Dänemark oder Solarkraftwerke wie Andasol in Spanien.

    Schlecht ist das nur, wenn es nicht zugleich ergänzend auch viele kleine Anlagen gibt (die für breite Streuung sorgen und damit verhindern, dass es allzu viele "Stromautobahnen" gibt)

  • I
    inti

    name:

     

    es geht nur um die geförderten technologien, und das wird hier im artikel festgemacht an der förderung von windparks und von geothermie.

     

    punkt ist doch der: wenn greenpeace sammeln würde, hätte die schnell die 200 mio zusammen mit denen man bei der bank das restliche geld bekommt. ich würde aktien davon ordern ;) gemeinsam kann man auch große unternehmen finanzieren, das ist die idee hinter den aktienmärkten, lasst sie uns nutzen.

     

    robin:

    wir brauchen alle energiequellen, also auch die, die mit viel kapital nur gemacht werden können, denn sonst ist die "wende" zum scheitern verurteilt, da wir die menge und die verfügbarkeit nicht hinbekommen.

     

    klaus: wenn dort genug wind weht ;) also bei der autobahn durch RLP (A61) wird das gemacht und an der A8 von stuttgart nach ulm auch. liegt glaube eher an mangelndem wind an der A7

  • H
    Hannes

    Das trägt doch deutlichst die Handschrift unserer unterwanderten Lobby-Demokratie. Atomausstieg für zementierung der Macht im regenerativen Sektor als Gegenleistung. Das stimkt, wie der ganze schwarzgelbe und teilweise der rote Parlamentsbereich, der von Lobbygruppen unterwandert ist. Es ist daher drängender denn je, dass unsere Lobbykratie durch plebeszitäre Elemente verbessert und dadurch weniger korruptionsanfällig wird, um Fälle wie diesen zu verhindern!

  • U
    Uranus

    Ich bin für NULL KOMMA NULL Euro Subventionen. Ebenso gegen Zwangssteuern, Abgaben und dergleichen für irgendwas.

     

    Entweder wird es über den Preis oder den Geschmack, ggfs. Gewissen oder die Angst, geregelt. Punktum.

     

    Freiheit auch beim Import von Oko- oder Atomstrom, oder vom Russengas ... jeder darf, was er sich leisten will.

  • K
    KlausK

    Das Naheliegende:

    Entlang der Autobahn A7 einen Windpark errichten. Dieses Denkmodell ist frei von Nachteilen. Die Vorteile: Lokale/regionale Stromanbieter bauen die Anlagen, die Grundstücke stellt der Bund zur Verfügung. Der bestechendste Vorteil: Relativ kurze Wege zu den Verbrauchern, einfache Verteilung durch Rückgriff auf bestehende Netzstruktur.

    Und die Konzerne? Zerschlagen und auf den Stand von 1970 stutzen.

  • N
    Name

    war ja klar, dass die großkonzerne sich ihre spitzeposition nicht so einfach nehmen lassen...

  • RC
    robin c. sherwood

    Es gibt also gar keine Energiewende. Die Konzerne machen eben nur keinen Atomstrom mehr. Ist der Preis für atomlosen Strom die Zementierung der Konzernwirtschaft?

    Mit Verlaub, Frau Merkel, der ganze "Wende"- Zauber ist eine klammheimlich versuchte brutalstmögliche Verhohnepipelung des menschlichen Intellektes.

    Aber wir haben es *doch* gemerkt!