piwik no script img

Große Konzerne unter sichKartellamt will Benzinmarkt aufmischen

Mehr als drei Jahre hat das Kartellamt den deutschen Tankstellenmarkt beobachtet. Das Ergebnis: kein Wettbewerb. Nun will es eingreifen.

"5 Mark den Liter Benzin", wie die Grünen 1998 forderten: Die Konzerne arbeiten daran. Bild: dpa

BERLIN taz | Mehr als drei Jahre lang hat das Kartellamt die Preise an über 400 deutschen Tankstellen beobachtet. Damit sollte endlich bewiesen werden, was das Amt schon lange befürchtet: dass die fünf großen Ölkonzerne echten Wettbewerb verhindern.

Am Donnerstag wurde die Studie vorgestellt. Das Fazit: Es gibt in der Tat ein Oligopol aus fünf Konzernen, von denen kleinere Betriebe völlig abhängig sind.

64,6 Prozent des jährlichen Kraftstoffabsatzes vereinen die großen Konzerne auf sich. Laut Kartellamt sind sie stark miteinander verflochten und voneinander abhängig. Unentwegt würden sich die Betreiber gegenseitig beobachten und danach die Preise angleichen. Dies sei Gift für den Wettbewerb. Die Angleichung verlaufe fast immer nach demselben Muster: Erhöht Aral die Spritpreise, zieht Shell in 90 Prozent der Fälle drei Stunden später nach. Zieht Shell die Preise als Erster an, dann reagiert Aral ebenso genau nach drei Stunden.

Stephan Zieger, der Geschäftsführer vom Bundesverband Freier Tankstellen (BFT), kann die Aufregung um die Preisbeobachtung nicht nachvollziehen. "Wenn dies das Hauptanliegen der Studie war, hätte man das auch deutlich preiswerter bekommen können", sagte er. Beobachtungen finde man in jedem Markt. Laut Kartellamt seien die Erkenntnisse wichtig für den "Oligopolbefund". Kartellrechtlich seien sie aber legal.

Weil kleine Betreiber von den Großkonzernen abhängig sind, können sie laut Studie leicht vom Markt verdrängt werden. Wenn zudem einem Konzern eine freie Tankstelle in der Nachbarschaft ein Dorn im Auge ist, dann könne er an die freie Tankstelle den Kraftstoff teurer verkaufen, als er ihn im Endpreis an den eigenen Tankstellen für den Endverbraucher anbietet. Für den Verbraucher wirke dies wie ein Geschenk.

Praxis seit 2007 verboten

Doch laut Kartellamt müssten sie es spätestens dann zurückbezahlen, wenn der freie Anbieter schließen muss und die Preise bei den großen Ketten in der Nachbarschaft wieder anziehen. Die Praxis ist zwar seit 2007 verboten. Sie sei aber nach wie vor üblich, sagte Stephan Zieger vom BFT.

Das Kartellamt hat angekündigt, gegen die Wettbewerbsbeschränkungen vorzugehen. Klaus Picard, der Chef des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), machte die Kunden für die Preisentwicklung verantwortlich. Sie würden für einen Cent billigeres Benzin weite Umwege auf sich nehmen. "Jeder Tankstellenpächter weiß, dass er den gesamten Umsatz auf sich zieht, wenn er einen Cent günstiger ist als der Nachbar." Das zwing ihn gleichzuziehen. Ziehe man die Steuern ab, würden die deutschen Benzinpreise zu den niedrigsten in ganz Europa gehören.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • T
    Thomas

    Die Zeiten sind vorbei, als ich Märchen für bare Münze genommen habe. Die Studie hat gekostet

    1. Viel Geld der Steuerzahler

    2. Das letzte Gran an Glaubwürdigkeit der Politiker, die einen riesigen(Steuer)anteil an den Spritkosten zu verantwortenn haben

  • S
    Sarah

    Die hätten einfach nur die AutofahrerInnen fragen müssen, dafür brauch man nämlich keine drei Jahre. Die Regierung muss endlich handeln, die Gängelung der AutofahrerInnen muss aufhören!

     

    taz, bitte an der Sache dranbleiben!

  • A
    aurorua

    Drei Jahre Steuergeld für irgendwelche Sesselfurzer rausgehauen um festzustellen was ohnehin schon jeder weiß.

    Dieses ganze Schmierentheater kotzt nur noch an. Seit Jahrzehnten lassen sich unsere Politiker von den Lobbyisten aller Branchen auch der Mineralölindustrie am Nasenring durchs Parlament zerren, diese jämmerlichen Erfüllungsgehilfen der Banken, Versicherungen, Kartelle und Konzerne sind doch mittlerweile völlig machtlos. Die Lobbyisten schreiben diesen NULLEN doch bereits die Gesetze.

    Das Volk darf lediglich alle vier Jahre entscheiden wer die Drecksarbeit für die Reichen und Superreichen erledigt.

  • O
    Oligarch

    "Vielen Dank" an das Kartellamt, das nach drei Jahren endlich eine Feststellung getroffen hat, die doch wohl offensichtlich war/ist.

    Aber den eigentlichen "Vogel" hat ja der Chef-Lobbyist der Mineralölbranche abgeschossen:"Der Kunde trage die Schuld". So werden also die armen Konzerne vom Kunden gezwungen, die Preise anzuheben und dieses auch gerade dann, wenn der Ölweltmarktpreis sinkt. Ach du böser Kunde, vielleicht verzichtest du mal auf das Autofahren zum Brötchenholen und hilfst so der doch arg gebeutelten Branche der Mineralölwirtschaft.