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Große Koalition notdürftig gekittet

Die Krise im Berliner Senat nach Diepgens Zustimmung zum Steuerpaket im Bundesrat ist beigelegt/ Diepgen gelobt Einhaltung der Koalitionsvereinbarung/ Bei der SPD bleibt Mißtrauen bestehen  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Mit einem doppelten Sieg nach Punkten für die CDU endete gestern die erste große Krise der Berliner Landesregierung. Nachdem am Morgen der Koalitionsausschuß eine Stunde lang abschließend beraten hatte, gelobte der Regierende Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzende, Eberhard Diepgen, künftig die Koalitionsvereinbarung „in Geist und Buchstaben“ einzuhalten. Zudem wolle er die mitregierende SPD als gleichberechtigten Partner achten. Mit dieser verbalen Verbeugung war den Forderungen des Koalitionspartners Genüge getan und jener Bruch des Regierungsbündnisses vermieden worden, von dem der SPD-Landesvorsitzende und Diepgen-Vorgänger Walter Momper noch am Freitag behauptet hatte, daß er kaum zu kitten sei. Die Mienen der Berliner Sozialdemokraten hatten sich verfinstert, als am Freitag mittag Diepgen in Bonn vor den Bundesrat trat und Berlins Zustimmung zum Steuerpaket verkündete.

Momper sah daraufhin die Koalitionsvereinbarung gebrochen und sprach von einem ernsthaften Vertrauensverlust. Diepgen focht das jedoch wenig an. Der CDU-Chef war sich ziemlich sicher, daß die Sozialdemokraten das Regierungsbündnis nicht verlassen würden. Denn diese stehen zur Zeit ohne Alternative da. Während den Christdemokraten zusammen mit den Liberalen nur eine Stimme zum Regieren fehlen würde, mangelt es einer Neuauflage eines rot-grünen Bündnisses zur Zeit nicht nur an der rechnerischen, sondern auch an der politischen Grundlage. Und so beließen es die Sozialdemokraten letztendlich dabei, von der CDU eine Treueerklärung zu verlangen.

Nichtsdestotrotz ist die Stimmung bei der SPD gereizt. Deshalb waren Beobachter davon ausgegangen, daß ihr die CDU im zweiten großen Konflikt der Koalition Zugeständnisse machen würde. In der kommenden Woche wollte der Senat eigentlich über die Ernennung der Richterin Cathrin Junge entscheiden. Junge war, obwohl vom Richterwahlausschuß bereits nominiert, von der CDU wegen ihrer vermeintlichen Mitgliedschaft in der PDS und ihrem Mitwirken an einem Haftbefehl wegen Republikflucht abgelehnt worden. Da der Senat sich nicht einigen konnte, sollte eine Anhörung der Justizminister der fünf neuen Bundesländer eine Klärung in der Sache bringen. Die schickten zu der entsprechenden Sitzung des Rechtsausschusses am Montag jedoch lediglich ihre Referenten. Diese berichteten, daß in ihren Ländern durchschnittlich 50 Prozent der Richter übernommen würden und auch Verfahren wegen Republikflucht kein Ablehnungsgrund seien. In Brandenburg sind gar Mitglieder der PDS im Richterwahlausschuß vertreten. Justizsenatorin Limbach (SPD) sah sich nach der Anhörung in ihrer Haltung bestätigt und wollte Cathrin Junge nun unverzüglich im Senat ernennen lassen. Allerdings hat am Montag ein bislang unbekannter Rechtsanwalt wegen des von Junge ausgestellten Haftbefehls Anzeige gegen die Richterin erstattet. Die entsprechende gerichtliche Klärung kann Monate dauern — und solange die nicht erfolgt ist, so ist die Regel, wird eine Ernennung nicht vorgenommen.

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