Großbritannien: Terrordrohung im Beichtstuhl
Ein Al-Qaida-Vertreter soll Anschläge gegenüber einem Geistlichen angekündigt haben. Dieser gab die Warnung ungenau an die Behörden weiter.
BERLIN taz Al-Qaida hat bereits vor drei Monaten vor Terroranschlägen in Großbritannien gewarnt. Ein Führungsmitglied der Terrororganisation hatte am Rande einer Konferenz über religiöse Versöhnung im jordanischen Amman gegenüber einem britischen Geistlichen angegeben, dass "diejenigen, die euch heilen, euch töten werden". Andrew White, der die einzige anglikanische Gemeinde in Bagdad leitet, gab seinerzeit die Warnung an das britische Außenministerium weiter - allerdings ohne den genauen Wortlaut.
"Er sagte mir, dass Briten und US-Amerikaner wegen des Irakkriegs getötet werden sollen", sagte White. "Die Pläne dafür lägen bereits in der Schublade. Ich habe an dem Tag den Teufel getroffen." Der "Teufel" sei ein Mann in den Vierzigern gewesen und sei aus Syrien angereist. Dessen Namen habe er erst später erfahren, wollte ihn aber nicht öffentlich nennen.
Sämtliche acht Personen, die im Zusammenhang mit den fehlgeschlagenen Bombenanschlagsversuchen vom Wochenende in London und Glasgow verhaftet wurden, hatten für das britische Nationale Gesundheitssystem gearbeitet - als Ärzte, Medizinstudenten oder Laborassistenten. Es sind alles junge Muslime aus Indien und dem Nahen Osten. Die Polizei ist davon überzeugt, dass Dr. Bilal Abdulla und Dr. Khalid Ahmed, die am Samstag mit einer Autobombe in die Haupthalle des Glasgower Flughafens fahren wollten, auch für die beiden gescheiterten Anschlagsversuche am Vortag in London verantwortlich sind.
Offenbar war der Anschlag in Glasgow als Selbstmordattentat geplant, weil den beiden Ärzten klar war, dass die Polizei ihnen wegen der in den Londoner Autos zurückgelassenen Mobiltelefone und der Überwachungskameras auf der Spur war. Der Libanese Ahmed wird wegen der schweren Verbrennungen, die er sich bei seiner Festnahme selbst zugefügt hat, im Royal Alexandra Hospital in Paisley behandelt, wo er und Abdulla arbeiteten. Ahmeds Bruder Sabeel, ebenfalls ein Arzt, wurde am Samstag in Liverpool verhaftet.
Die Times berichtete gestern, den Sicherheitskräften sei bekannt gewesen, dass Bilal Abdulla Verbindungen zu radikalen islamischen Organisationen hatte. Er stand in regem Kontakt zu dem jordanischen Arzt Mohammed Asha, der Samstagnacht gemeinsam mit seiner Frau Marwa auf einer Autobahn in der Grafschaft Cheshire verhaftet wurde. Die beiden kannten sich, weil ihre Eltern befreundet waren.
Neben Abdulla waren dem Geheimdienst MI5 auch mehrere andere der acht verdächtigen Personen bekannt. Keiner wurde überwacht, weil es keine Hinweise auf konkrete Attentatspläne gab, sondern sie lediglich "genereller extremistischer Aktivitäten" verdächtigt wurden.
Bis auf Khalid Ahmed werden die sechs in Großbritannien Verhafteten im Londoner Hochsicherheitspolizeirevier Paddington Green verhört. Ein hochrangiger Beamter ist nach Australien gereist, um den am Montagabend in Brisbane verhafteten Arzt Mohammed Haneef zu verhören, der gerade nach Indien ausreisen wollte. Ob die anderen Verhafteten an der Planung von Abdullas und Ahmeds Anschlägen beteiligt waren, gab die Polizei nicht bekannt. Sie verriet lediglich, dass in E-Mails und Textnachrichten zwischen ihnen öfter vom "Jihad" die Rede war.
Der US-Nachrichtensender ABC News berichtete, dass dem US-amerikanischen Geheimdienst bereits vor zwei Wochen Hinweise auf ein Attentat in Glasgow "auf einen Flughafen oder ein Flugzeug" vorlagen. Deshalb seien die Flüge zwischen den USA und Glasgow sowie Prag, wo es ebenfalls Attentatshinweise gab, seitdem von "Air Marshals" begleitet worden.
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