Großbritannien und die EU: Johnson plädiert für harten Brexit
Eine Reihe von Reden britischer Minister soll zeigen, wie einig man sich über den EU-Austritt ist. Der Auftakt durch den Außenminister zeigt eher das Gegenteil.
Seine Rede war die erste einer ganzen Reihe geplanter Vorträge ranghoher Mitglieder des Kabinetts von Premierministerin Theresa May, die Einigkeit und energisches Vorgehen bei den sich dahinziehenden Brexit-Verhandlungen demonstrieren sollen. Johnsons Plädoyer für einen harten Brexit schien aber die Gräben innerhalb der Regierung zu vertiefen, in der vor allem Finanzminister Philipp Hammond darauf hin arbeiten will, dass Großbritannien dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion so nahe wie möglich verbunden bleibt.
Johnson, einer der Führer der Brexit-Kampagne beim Referendum 2016, lehnte einen solchen „weichen Brexit“ brüsk ab. „Es scheint außergewöhnlich, dass das Vereinigte Königreich an den minutiösen Vorschriften eines regionalen Handelsblocks festgezurrt bleiben soll, der nur sechs Prozent der Menschheit umfasst“, sagte er.
Der EU-Austritt eröffne Großbritannien die Möglichkeit, neue Handelsabkommen mit den USA und anderen Ländern weltweit zu schließen, indem man die Kontrolle über Regulierung und Zolltarife zurückbekomme, erklärte er. „Der Brexit kann die Grundlage für weit mehr Hoffnung als Furcht sein.“
Brexit-Gegner reagierten unbeeindruckt. Der liberaldemokratische Abgeordnete Tom Brake sagte, Johnsons Brexit-Version werde den Verlust von Arbeitsplätzen im eigenen Land wegen „härterer Bedingungen auf unserem größten Exportmarkt“ – der EU – zur Folge haben.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, Johnsons Behauptung, die EU wolle zu einem europäischen Superstaat werden, sei „völliger Unsinn“. In Brüssel sagte er: „Wir sind nicht die Vereinigten Staaten von Amerika.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren