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Grönlands neuer PremierministerJens-Frederik Nielsen ist am Ball

Grönlands neuer Premier Nielsen war bislang vor allem als Badmintonspieler bekannt. Seine Amtszeit fällt in Zeiten, die für sein Land ungewöhnlich sind.

Badmintonmeister, Sportler des Jahres und jetzt auch noch Premierminister: Jens-Frederik Nielsen hat schon einige Titel Foto: Leonhard Foeger/reuters

Jens-Frederik Nielsen hat Aufschlag. Denn seinen ersten Wechsel hat der neue grönländische Premier und ehemalige Badmintonmeister bereits für sich entschieden. „Die USA bekommen Grönland nicht“, schrieb der 33-jährige am Sonntagabend auf Facebook. Dieser Ball ging wohl in Richtung seines Gegenspielers Präsident Donald Trump, der Gebietsansprüche auf Grönland erhebt.

Erst am 28. März, gut zwei Wochen nachdem Nielsen die Wahl mit seiner Partei Demokraatit für sich entscheiden konnte, trat er sein Amt als neuer Regierungschef der arktischen Insel an. Die sozialliberale Partei, die vor allem mit Versprechen wie Wirtschaftswachstum und Steuersenkungen für Gering- und Mittelverdiener punkten konnte, ist Teil einer breiten Viererkoalition. Diese verfügt nun über eine klare Mehrheit im Parlament in der Hauptstadt Nuuk.

Nielsen selbst, von 2020 bis 2021 bereits Industrie- und Rohstoffminister, ist in Grönland vor allem für Erfolge anderer Art bekannt. Der zweifache Vater kann als Badmintonspieler mehrere nationale Meistertitel vorweisen und wurde 2018 sogar zu Grönlands Sportler des Jahres gekürt. Sein Sieg auf dem politischen Court kam hingegen überraschend, bei den Wahlen 2021 hatte Demokraatit noch eine Niederlage einstecken müssen.

Die Wahl des studierten Sozialwissenschaftlers fällt in eine Zeit ungewöhnlicher politischer Aufregung um das nur 57.000 Ein­woh­ne­r*in­nen starke Land. Unmittelbar nach der Regierungsbildung erneuerte US-Vizepräsident J. D. Vance bei seinem Besuch die wiederholten Annexionsfantasien seines Chefs. Trump hatte kürzlich nochmals betont: „Wir müssen Grönland haben.“

Nielsen will die Beziehungen zu Kopenhagen ausbauen

Die Insel hat wegen ihrer geografischen Lage strategische Bedeutung und ist außerdem reich an Rohstoffen, verfügt etwa über Seltene Erden. Es sei wichtig, dass „die USA die Führung in der Arktis übernehmen, sonst füllen andere Länder die Lücke“, sagte Vance mit Verweis auf Russland und China. Dabei warf er auch Dänemark vor, nicht genug in sein Territorium zu investieren.

Grönland gehört offiziell zum dänischen Königreich, genießt jedoch als autonomes Gebiet weitreichende Freiheiten. Die Frage nach vollständiger Unabhängigkeit spielt in der grönländischen Politik eine wichtige Rolle, ist etwa Kernthema der nun alleinigen Oppositionspartei Naleraq. Auch Nielsens Partei strebt die langfristige Trennung von Dänemark an, setzt jedoch auf einen schrittweisen Prozess.

Vorerst will Nielsen die Beziehungen zu Kopenhagen jedoch ausbauen. „Wir haben eine starke Partnerschaft mit Dänemark, und darauf werden wir aufbauen bis zu dem Tag, an dem wir souverän sein können“, sagte er gegenüber der Agentur Reuters. Den USA erteilte er hingegen eine unmissverständliche Absage: „Wir werden niemals käuflich sein, und wir werden niemals Amerikaner sein.“

Derlei Spielzüge sind in Dänemark gern gesehen. Ab Mittwoch ist die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen zu Besuch bei Nielsen. Bereits vor ihrer Reise erklärte sie: „Ich habe tiefsten Respekt davor, wie die grönländische Bevölkerung und die grönländischen Politiker mit dem großen Druck umgehen, der auf Grönland lastet.“

Nielsen begrüßt den Besuch Frederiksens. Wie sehr der Badmintonmeister sich weiterhin auf seine Spielpartnerin einlassen will, bleibt offen. Neben allen Souveränitätsbestrebungen scheint ein Sieg über den Mächtigen Gegner Trump jedoch vorerst dringender.

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