Griechenland in der Eurozone: Friedrich schert aus
Innenminister Friedrich (CSU) stellt die EU-Politik der Regierung in Frage. Die Opposition protestiert, selbst die Bundeskanzlerin soll brüskiert sein.
BERLIN taz | Europapolitik ist nicht gerade das ureigene Feld eines Innenministers. Hans-Peter Friedrich (CSU) hat am Wochenende gerade mal zwei Sätze dazu geäußert – doch die hatten es in sich.
"Außerhalb der Währungsunion sind die Chancen Griechenlands, sich zu regenerieren und wettbewerbsfähig zu werden, mit Sicherheit größer, als wenn es im Euroraum verbleibt", sagte Friedrich dem Spiegel. Damit stellt sich der Minister gegen den bisherigen Kurs seiner Regierung: Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hatten immer wieder betont, ein Austritt käme nicht in Frage.
Kurz vor der Abstimmung des Bundestags über das zweite Hilfspaket für Griechenland, die für Montag angesetzt ist, gleicht Friedrichs Ratschlag einer offenen Brüskierung. Merkel wie Schäuble halten einen Austritt der Griechen für ein zu hohes Risiko. Die Gefahr, dass die Finanzmärkte gegen andere überschuldete Staaten spekulieren und damit die gesamte Eurozone gefährden, sei zu hoch, so ihr Kalkül. Doch dieser Konsens der beiden maßgeblichen Akteure gerät innerhalb der Koalition zunehmend in die Kritik.
In internen Runden hatte sich der studierte Wirtschaftswissenschaftler Friedrich in den vergangenen Monaten schon öfters zu Europapolitik geäußert - und ausführlich begründet, warum er einen Austritt Griechenlands am Ende für die bessere Variante hält. Bei einer Rückkehr zur Drachme, so seine Analyse, könne der Staat die eigene Währung abwerten und die Wirtschaft käme schneller wieder in Schwung.
Friedrich denkt dabei eher an Zuckerbrot als an die Peitsche. Er weiß genau, dass ein Rauswurf eines Staates aus der Eurozone vertraglich nicht vorgesehen ist. "Ich rede nicht davon, Griechenland rauszuschmeißen", sagte Friedrich, "sondern Anreize für einen Austritt zu schaffen, die sie nicht ausschlagen können."
"Griechenland III wird es nicht geben"
Klar ist dabei auch: Dass sich Friedrich nun erstmals öffentlich äußerte, dient auch parteipolitischen Zwecken. Die CSU hatte sich in der Vergangenheit ab und an mit europaskeptischen Tönen profiliert. Seine Sicht werde von wichtigen CSUlern geteilt, hieß es am Sonntag im Umfeld des Ministers. In Regierungskreisen sorgte sein Vorstoß für Irritationen: Die Politik der Regierung ziele unverändert auf eine Stabilisierung des Landes in der Eurozone. Auch sei die Vorlage "mit allen Ressorts" abgestimmt – ein Seitenhieb auf den Kritiker.
Friedrich geht es jedoch nicht um den aktuellen Beschluss. Er werde zu Verabredungen der Koalition stehen – also für die Griechenland-Hilfe in Höhe von 130 Milliarden Euro stimmen, hieß es in seinem Umfeld weiter. Er gehört vielmehr zu der größer werdenden Gruppe der Zweifler in der Koalition. Denn es ist unwahrscheinlich, dass das zweite Hilfspaket angesichts der desaströsen Lage der griechischen Wirtschaft wirklich reicht.
Der Chef des Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), sagte bereits vorsorglich: "Griechenland III wird es nicht geben." Es könne nicht die Perspektive sein, immer weitere Hilfen zu beschließen. "Wenn das jetzt zu beschließende Paket nicht fruchtet, müssen wir uns eingestehen, dass alle Anstrengungen nichts genutzt haben." Für diesen Fall kann sich auch Krichbaum einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone vorstellen - oder eine Insolvenz innerhalb der Eurozone.
SPD und Grüne, die dem Griechenland-Paket zustimmen wollen, kritisierten den Innenminister scharf. "Das Verhalten Friedrichs ist unsäglich", sagte Gerhard Schick, der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Die Kanzlerin müsse ihren Minister zur Ordnung rufen.
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