piwik no script img

Griechenland-Gipfel der Euro-LänderMerkel setzt Vetorecht durch

Merkel hat sich beim Poker um die Bedingungen der Milliarden-Kredite für das hoch verschuldetet Griechenland durchgesetzt. Die Euro-Länder hoffen so, die Talfahrt des Euro aufhalten zu können.

Warben erfolgreich für den Kompromiss: Merkel und Sarkozy. Bild: reuters

BRÜSSEL dpa | Mit einem Rettungsplan für das hoch verschuldete Griechenland haben die Euro-Länder eine tiefe Spaltung überwunden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte beim EU-Gipfel harte Bedingungen für mögliche Milliarden-Kredite durch. Diese sollen notfalls von den Euro-Ländern sowie vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kommen. Diplomaten zufolge ist von einem Umfang von 20 bis 23 Milliarden Euro die Rede.

Die 16 Länder mit dem Euro erwarten nun, dass sich die Finanzmärkte beruhigen. "Die Spekulanten wissen jetzt, dass Griechenland nicht alleine gelassen wird", sagte der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker am Donnerstag in Brüssel.

Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, sagte: "Ich bin außerordentlich glücklich, dass die Regierungen eine praktikable Lösung gefunden haben."

Die "Chefs" der Euro-Länder mussten handeln, da der Euro auf Talfahrt ist, und sie seit Wochen über den Ausweg aus der Krise stritten. Merkel zog zunächst Frankreichs Staatspräsident Sarkozy auf ihre Seite.

"Wie immer in Europa sind die Länder erleichtert, wenn Deutschland und Frankreich ihren Willen zu einer tiefen Zusammenarbeit bekundet haben", resümierte der Herr des Elyséepalastes. Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou sagte: "Die Bemühungen des griechischen Volkes werden belohnt."

Das mit 300 Milliarden Euro verschuldete Griechenland kämpft auf den Finanzmärkten um Kreditwürdigkeit und günstige Zinsen. Angesichts der dramatischen Verschuldung fordern die Banken inzwischen hohe Risikoaufschläge, was die Zinslasten weiter nach oben schraubt. Auch Portugal, dessen Kreditwürdigkeit heruntergestuft worden war, dürfte von der Brüsseler Übereinkunft profitieren, da für die Märkte Wetten auf den Staatsbankrott eines Eurolandes unprofitabel werden. Der ständige Gipfelchef Herman Van Rompuy warnte vor Panik: "Die Lage (in Griechenland und Portugal) ist vollkommen unterschiedlich." Griechenland sollen laut Sarkozy vor allem die Euro-Länder mit freiwilligen Krediten helfen. Erst an zweiter Stelle komme der IWF. Das Verhältnis solle zwei Drittel gegen ein Drittel betragen. "Das kann sich aber anpassen." Er erwarte, dass Athen die Hilfen gar nicht in Anspruch nehmen werde.

Die in Aussicht gestellten Kredite sollen nur als letzte Möglichkeit gewährt werden. Dies wäre der Fall, wenn Griechenland nicht mehr genügend Kredite an den Kapitalmärkten bekommt. Dass dieser Fall eingetreten ist, müssen die Euro-Länder einstimmig feststellen. Jedes Mitglied hat also eine Art Vetorecht. Auf diese Bedingung hatte Merkel in den wochenlangen Vorverhandlungen gedrungen. Sie hatte sich auch dafür stark gemacht, den IWF ins Boot zu holen, der Erfahrung in der Sanierung maroder Staatshaushalte hat. Frankreich hatte ein Eingreifen des IWF lange abgelehnt. Juncker sagte, er sei "nicht sehr begeistert" darüber, dass Hilfe des IWF und Kredite der Eurostaaten nun kombiniert werden sollen.

Auch andere hoch verschuldete Länder der Eurozone wie Portugal haben Anspruch auf Nothilfe, sagten Diplomaten. Bisher hat Griechenland nicht um Unterstützung nachgefragt. Mögliche IWF-Finanzspritzen werden dem Vernehmen nach maximal zehn Milliarden Euro betragen.

Die Erklärung umfasst auch ein Bekenntnis zu einer verstärkten Wirtschaftsführung in der Eurozone, um künftige Risiken auszuschließen. Das ist eine Forderung Frankreichs, das gern mehr Einfluss auf die Volkswirtschaften der Partner hätte. Zu einem späteren Zeitpunkt soll es einen EU-Bericht über mögliche Sanktionen gegen Schuldensünder geben, dabei sollten "alle möglichen juristischen Möglichkeiten" geprüft werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • G
    GWalter

    Frage:Was hat der "einfache" Bürger von dem Exportgewinn?

    Antwort: Nichts!

    Ach, ich vergass die Dumpinglöhne und niedrige Renten sowie der totale Kaufkraftverlust des EURO, der heute mal vielleicht noch 0,40 DM wert ist !!

    Nur die Konzerne verdienen sich eine "goldene Nase", der Arbeitnehmer und Rentner kann sehen wo er bleibt in dieser Bananenrepublik !!!!

  • M
    maria

    @Mark,

     

    Die Schulden in Sueden fuettern den Wohlstand im Norden.

     

    Alles was Griechenland in 30 Jahren von der EU bekommen ist in ein paar Monaten weg.

     

    Du siehst alles sehr beschraenkt und kappierst nicht das Griechenland ein Versuchkanninchen fuer den neuen Faschismus der "Maerkte" ist.

     

    Was die griechische Regierung von EU verlangt hat war nicht finanzielle sondern politische Unterstuezung damit "die Maerkte beruigen". Aber selbstverstaendlich kamm sie nie oder zu spaet weil deutsche Banken von der Krise massiv spekulieren und ein teueres Euro kamm nicht so gelegen fuer die deutsche Industrie und die Exportmacht Deutschland,

    Dass sich Deutschland zum vierten (Wirtschafts) Reich entwickelt und immer mehr gegen jeder Form von europaischer Solidaritaet steht ist keine griechische Propaganda und wird quer und durch in Europa diskutiert.

     

    Der groesste Waffenhaendler in Griechenland ist die deutsche Botschaft und wusste ganz genau wie hoch die griechische Schulden sind. Aber die Deutschen schwiegen weil auf Waffenverkauf in Milliardenhoehe warteten. Jetzt sprechen sie ueber den Verkauf von griechischen Inseln. Das ist ein neuer Form deutscher Faschismus und hat wenig mit europaischen Ideale zu tun.

     

    Der neuer Nationalismus in Deutschland ist Fakt und musst Du selbst darueber Gedanken machen.

     

    Ich kann dir dabei leider nicht helfen.

     

    P.S.

    Das griechische Volk hat fuer Deutschland wesentlich mehr fuer die Deutschen bezahlt als die Deutschen fuer Griechenland.

    Die Schulden in Sueden fuettern den Wohlstand im Norden.

    Denk darueber nach!!!

  • M
    Marc

    an Maria

     

    wurden die Griechen von Deutschland gezwungen Geld zu leihen und es mal salop gesagt zu verjubeln ?

     

    ja wohl kaum!

     

    Griechenland ist eine Demokratie wo die Bürger die Regierung die das Geld leiht und nich so sehr sinnvoll verwendet scheinbar immer wieder gewählt haben und jetzt sollen andere Schuld sein ? Lachhaft

     

    Außerdem ist Griechenland Nettotransfergewinner seit dem es in der EU ist, auch dieses Geld wurde offesichtlich nicht so sehr sinnvoll verwendet...

  • H
    Hochmut.kommt.vor.dem.Fall

    @end.the.occupation

     

    Sehr gute Zusammenfassung des Zustandes, in dem sich unser Land befindet.

    Wie werden Deiner Meinung nach die Grundgesetzänderungen vor sich gehen - durch Änderung der Mehrheitverhältnisse bei zukünftigen Wahlen oder durch eine "geeignte" Besetzung des Verfassungsgerichts, dass dann entsprechende Interpretationen liefert, was die Würde des Menschen usw. bedeutet ?

  • M
    maria

    Das griechische Volk hat die letzte 3 Jahren

    340 Milliarden an Zinsen, die meisten davon an deutschen Banken.

     

    In Europa spricht man schoen ueber das vierte

     

    deutsche (Wirschafts) Reich!!!

     

    Griechenaland ist nur das erste Opfer.

     

    Die deutschen Media schweigen, was sonst.

     

    Das tun sie immer.

  • E
    end.the.occupation

    >> Die Euro-Länder hoffen so, die Talfahrt des Euro aufhalten zu können.

     

    Wirklich? Für den deutschen Exportweltmeister ist das doch ausserhalb der EURO-Zone ein Vorteil - zumindestens in der irren Welt deutscher Nationalökonomie.

     

    Wir liefern dazu unseren Partnern mehr Waren, wie wir im Gegenzug bei ihnen einkaufen. Gehen kann das natürlich nur dann, wenn die sich bei uns - bei wem auch sonst - verschulden.

     

    Das unvermeidbare Ende des Irrsinns besteht darin, das wir auf diesen Schulden sitzen bleiben, es sei denn die Schuldner bringen wahre Wunder zustande - finden etwa Öl oder Gas-Reserven auf ihren Territorien.

     

    (Alternativ können wir natürlich auch die ökonomische Strategie ändern. Da aber alle Quacksalber wie Sinn et al. nach wie vor auf den Bildschirmen zu sehen sind - daher ist das wohl nicht wahrscheinlich.)

     

    Weil es eben keine Wunder gibt - ausser in der Nahostberichterstattung - wo von hinten erschossene Palästinenser als Angreifer bezeichnet werden - weil es das also in der Realität nicht gibt, daher bezahlt das VERDI-Milieu diesen Irrsinn zunächst

    mit immer weiter fallenden Einkommen - hier auch als 'Reform' und 'Eigenverantwortung' bekannt.

     

    Am Ende werden dann auch die Glücklichen, die ein wenig Geld zurücklegen konnten zusehen, wie sich dasselbe in Luft auflöst - bei steigenden Steuern und Abgaben, da der Staat natürlich bis zur letzten Minute versuchen wird, die faulen Schuldscheine seiner Bankenfreunde in 'echtes' Steuerzahlergeld umzuwandeln - bekannt als Bankenrettung.

     

    Bis dahin muss nur noch ein Schuldiger gefunden werden, um das infolge dieses Betrugs kochende ungesunde Volksempfinden zu besänftigen.

    In Ermangelung der dazu traditionell zum Einsatz kommenden Juden, tippe ich auf das eifrig produzierte Subproletariat - die Hartzies - und natürlich auf die Kopftuchmädchen.

     

    Und natürlich wird dabei auch das Grundgesetz entkernt werden müssen - schon wegen der Bundeswehr, die dann todsicher im Inneren eingesetzt werden muss.