piwik no script img

Griechen protestieren gegen LohnkürzungSparen gegen die Pleite

Die griechische Regierung will am Dienstag unbeliebte Sparmaßnahmen beschließen. Dagagen haben Gewerkschaften zu mehrstündigen Generalstreiks aufgerufen.

Protest gegen Sparmaßnahmen auf dem Syntagma-Platz in Griechenland. Bild: reuters

ATHEN dpa | Die griechische Regierung steht massiv unter Druck und muss an diesem Dienstag wohl weitere unpopuläre Sparmaßnahmen beschließen. Dagegen machen die Gewerkschaften mobil - sie haben zu mehrstündigen Streiks aufgerufen. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie die öffentlichen Verkehrsmittel sollen bestreikt werden. Hinter den Aktionen stehen die beiden größten Gewerkschaftsverbände GSEE für den Privatsektor und ADEDY für die Beamten. Am Nachmittag soll es auch Demonstrationen geben.

Geplant sind unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor. Am Dienstagnachmittag wollen die griechischen Spitzenpolitiker unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Lucas Papademos entscheiden, ob sie dem harten Sparprogramm zustimmen, damit das Land das neue Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro bekommt. Anderenfalls ist Griechenland bis Ende März pleite.

Die Regierung in Athen will zudem noch in diesem Jahr 15.000 Staatsbedienstete entlassen. Dies sagte der griechische Minister für Reformen, Dimitris Reppas, am Montagabend griechischen Journalisten. Den Angaben zufolge verlangen dies die Kontrolleure der sogenannten "Troika" der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Reppas fügte hinzu, dass Athen bis 2015 insgesamt 150.000 Staatsbedienstete entlassen werde.

Die griechische Regierung muss sich nicht nur mit den Finanzkontrolleuren von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB), der sogenannten Troika, auf weitere Einsparungen einigen. Auch die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern für den dringend benötigten Schuldenschnitt in Höhe von 100 Milliarden Euro müssen erfolgreich zu Ende gebracht werden. Die Einigung ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche von Hilfskrediten an das klamme Land. Sollten die Verhandlungen scheitern, droht dem Land die Staatspleite.

"Reformen bedingungslos umsetzen"

In deutlichen Worten hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Montag die griechische Regierung und alle Parteien in Athen aufgefordert, die zugesagten Reformen bedingungslos umzusetzen und Forderungen der "Troika"-Kontrolleure nach weiteren Einsparungen zu erfüllen. Ansonsten blieben zusätzliche Milliarden-Hilfen weiter blockiert. "Die Zeit drängt, und deshalb muss schnell etwas geschehen", sagte die Kanzlerin.

Nach Informationen der Bild-Zeitung spricht die "Troika" in ihrem jüngsten Griechenland-Bericht von "katastrophalen Zuständen". Die Sparvorgaben seien deutlich verfehlt worden.

Knackpunkt in den Gesprächen von Papademos mit den Chefs der Sozialisten, Konservativen und der kleinen rechtsgerichteten Partei (LAOS) dürften die von der "Troika" verlangten Lohnkürzungen auch im privaten Sektor sein. Papademos braucht innenpolitische Unterstützung für eine Einigung. Parallel laufen die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern - darunter Banken und Hedge-Fonds - über einen Schuldenschnitt weiter. Die Gespräche mit dem internationalen Bankenverband IIF dauern nun bereits seit Dezember an. Mehrmals war verkündet worden, man stehe kurz vor einem Durchbruch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • C
    Chamberlain

    "[...]»Ich kann nur aus persönlicher Beobachtung, nicht statistisch sprechen,

    aber ich stehe nicht an zu versichern, daß meine Empörung wieder und

    wieder aufkochte bei dem Anblick dieser armen Kinder, deren

    Gesundheit geopfert wurde, um der Habgier ihrer Eltern und

    Arbeitgeber zu frönen.«

     

    Er zählt die Ursachen der Töpferkrankheiten auf und schließt sie

    kulminierend ab mit "long hours" ("langen Arbeitsstunden").

     

    Der

    Kommissionsbericht hofft, daß

    "eine Manufaktur von so hervorragender Stellung in den Augen der Welt

    nicht lange mehr den Makel tragen wird, daß ihr großer Erfolg begleitet

    ist von physischer Entartung, vielverzweigten körperlichen Leiden und

    frühem Tode der Arbeiterbevölkerung, durch deren Arbeit und Geschick

    so große Resultate erzielt worden sind.«"

     

    Karl Marx, Das kapital, Kritik der politischen Ökonomie, S.253 ff, )

     

    1870-2012?

     

    C

  • S
    schrödern

    Im Gegensatz zu hier lassen sich die griechischen Gewerkschaften nicht von der Regierung gängeln. Man kann das griechische Volk nicht zu Bettlern machen nur weil man nicht zeitig gemeinsame europäische Politik gemacht hat. Schuld ist das verdammte kapitalistische Heuchler-System und deren "Leibeigene" aus der Politik. Soll ganz Europa "geschrödert" werden?

  • TF
    Thomas Fluhr

    Wo bleibt die Solidarität mit der griechischen Arbeiterschaft? Der Kapitalismus zeigt seine Fratze und niemand weist ihm die Schranken. Heute trifft es Griechenland und morgen … Das Kapital lotet neue Grenzen aus: Lohnkürzungen, Privatisierungen, Demokratieabschaffung! Schöne neue Welt.